Samstag, 26. Dezember 2009

Die erste Woche ist rum.

Ich wünsche euch allen, ob Blogleser oder nicht, fröhliche, besinnliche, geruhsame und sonst was Weihnachten. Ich befinde mich derzeit auf der Fähre von Wellington nach Picton, es geht also von der Nord- auf die Südinsel. Da so eine Fährüberfahrt nicht allzu spannend ist schreibe ich euch diesen Blog einfach mal so, auch wenn ich nicht weiß wann ich ihn abschicken kann. Ich werde mal nach der Fertigstellung nach einer Internetmöglichkeit umschauen.

Heute ist Weihnachten, bzw. ist heute der erste Weihnachtsfeiertag und somit übergeben sich die Kiwis heute fleißig Geschenke, aber dass das hier etwas anders ist hatte ich ja schon einmal erwähnt. Seit genau einer Woche sind wir auf Reise, wir das sind zum einen Matthias, mit dem ich mich ja schon im November auf nach Wellington gemacht hatte, Till, ein Freund von Matthias und der Verfasser dieses Blogs. Man könnte schon allein nach einer Woche auf der Straße zwanzig Blogeinträge schreiben, da aber dieser eine euch möglicherweise noch gerade so vor dem Bildschirm behalten wird belasse ich es mal dabei. Dann geht’s also los, durch die ganze Nordinsel, von Auckland nach Wellington, inklusive TRAUMhafter Landschaften, nicht enden werdender Automissgeschicke und merkwürdiger Begegnungen, ich versuche mich kurz zu fassen :).

Von Helensville nach Auckland hat mich erst noch meine Houseleaderin mitgenommen, vorher habe ich mich noch von „meinen“ Behinderten verabschiedet, dann gings los, see ya in six weeks. In Auckland angekommen bin ich dann mit dem Bus nach Hamilton gefahren, der fünf größten Stadt Neuseelands, dort sollte ich Matthias und unseren Van treffen, sollte ich. Auf der Hälfte der Busfahrt rief mich Matthias an; der Van tut nichts mehr, wahrscheinlich ist die Batterie leer, er sucht nach einer Starthilfe, die er dann auch gefunden hat, mit zweistündiger Verspätung ging dann endgültig unser Reisemonat los.

Geführt hat uns dieser erst nach Raglan an die Westküste, der Surferhauptstadt Neuseelands. Da wir alle keine Surfer sind hat uns dieser Ort uns nicht allzu groß angezogen und wir sind weiter, auf der Suche nach einem geeigneten Schlafplatz. Da unser Van einigermaßen geräumig ist eignet er sich halbwegs als Unterkunft, zwei Matratzen passen übereinandergestapelt rein, Till hat sein eigenes Zelt. Nach fast einer Stunde Suche offenbarte uns dann auf einer erbärmlich zu befahrenen Straße ein kleiner Pfad der uns zu einem kleinen abgelegenen Plätzchen führte, niemand sollte uns dort eigentlich finden, dachten wir. Als wir gerade beim Vorbereiten unserer nächtlichen Ruhestätte waren hörten wir ein Auto genau vor unserem Pfad stoppen, zwei große Menschen unseren Alters und männlicher Gestalt stiegen aus, gleich nach dem ersten Satz den sie von sich gegeben haben (irgendwas ob wir hier schlafen), war mir klar – Deutsche! Wir befanden uns mehr als nur irgendwo im nirgendwo und man trifft zwei Deutsche, genauer kamen sie aus Potsdam (beide kannten sogar Eberswalde), die ein bisschen Work and Travel machen und im Sommer auf Surferurlaub aus sind. Nach dieser sehr einzigartigen Begegnung, ich hoffe, dass das nicht allzu oft passiert, wurde Abendbrot gemacht, Pasta - das Standardgericht für die nächsten Tage. Die Nacht war mehr als nur unbequem, da man den Sitz der zweiten Reihe nicht genau runter klappen kann, hat man unter seinen Unterleib genau einen zehn Zentimeter hohen Hügel, der einen nicht unbedingt entspannte Nächte bringt, aber ich werd mich jetzt nicht über jede einzeln Kleinigkeit, die das Leben eines Low Budget Touristen mitbringt beschweren.

Am nächsten Morgen, das traditionelle Frühstück besteht aus ungetoastetem Nutellabrot, fuhr uns der Van weiter südlich, genauer zu den Waitomo Caves. Die Waitomo Caves bestehen aus ganzen Systemen unterirdischer Höhlen, die vor allem mit Touristen gefüllt sind, man kann dort von der Decke hängende Glühwürmchen betrachten oder mit einem Reifen ein Großteil der Höhlen durchqueren. Wir haben uns für die zweite Variante entschieden, Glühwürmchen sind nicht unbedingt so unser Ding. Wir wurden in einen stinkenden Neoprenanzug verpackt, bekamen einen Reifen in die Hand gedrückt und auf ging es in 60 Meter Tiefe. Die Hälfte wurde auf dem Reifen durch die stock dunklen Höhlen gepaddelt, wir hatten eine Lampe auf unserem Helm und einen Führer der uns den Weg gezeigt hat, die andere Hälfte sind wir mit unseren Gummistiefel ähnlichen Schuhen durch die caves gewandert. Dabei fror man sich mehr als nur den Arsch ab, das Wasser war zehn Grad kalt. Der Höhepunkt war dann ein Sprung einen vier Meter hohen Wasserfall runter, dass wars dann. Insgesamt hat es schon Spaß gemacht, auch wenn ich mir etwas mehr atemberaubende Höhlenfahrten erwartet hatte, Bilder folgen irgendwann, weiß noch nicht wie ich das ohne Internet machen kann.

Anschließend sind wir zu Matthias seinem Camp gefahren, dort konnten wir zwei Nächte für lau übernachten, nimmt man ja gern. Auf dem Weg gab es dann die nächste Vangeschichte – wir hatten kein Benzin mehr. Da unsere Tankanzeige immer noch nicht funktioniert konnten wir unseren Benzinstand natürlich nicht einsehen, die Lampe hatte zwar geleuchtet, aber man wird ja aus solchen Vorfällen immer schlauer. Till ist dann zur nächsten Tankstelle per Anhalter gefahren; gleich das erste Fahrzeug hat angehalten, ein Truck der neuseeländischen Post. Zurück kam er dann auch wieder und so sind wir dann glücklich im Camp angekommen.

Das nächste touristische Highlight wurde dann am nächsten Tag absolviert, der Lauf des Tongariro Alpine Crossing. Eigentlich wollte ich den beliebtesten neuseeländischen Wanderweg ja schon im November laufen, aber damals hatte ja das Wetter No gesagt. Diesmal sah es deutlich besser aus, zwar war es anfangs bewölkt, es klarte aber immer mehr auf. Am liebsten würde ich euch alle Hundert geschossenen Bilder zeigen, ich versuche den gesamten Weg mal in wenigen Worten zu beschreiben. Wie schon einmal erwähnt verläuft das Crossing entlang dreier Vulkane, somit brauche ich also nicht zu sagen, dass die Landschaft mehr als nur beeindruckend ist. Einer der drei Vulkane ist der sogenannte Mt. Ngauhoene mit einer Höhe von 2.285 Meter, der dritt größte Berg der Nordinsel. Der Vulkan wird euch aber wohl besser unter dem Namen Schicksalsberg oder Mt. Doom bekannt sein. ‘Das war doch der Berg aus…‘, genau aus „Herr der Ringe“, Frodo muss den Ring in diesen Vulkan hineinwerfen und ich war am Fuße genau dieses Berges. Naja, aber so ein Berg sieht ja aus der Distanz zwar schön aus, aber von Oben bestimmt noch besser, das war jedenfalls der Gedanke von mir und Till (Matthias hatte das Crossing vor zwei Wochen schon absolviert) und so sind wir hoch auf den Schicksalsberg, ohne Ring am Hals und Golumm hinter uns. Wir befanden uns am Beginn auf circa. 1600 Meter, hatten also noch etwas vor uns und der Gipfel war total bewölkt. Was soll man sagen, ich habe selten etwas so anstrengendes absolviert, Bilder würden an dieser Stelle wohl mehr als Worte sprechen, aber die gibt es ja jetzt nicht. However, wir haben es geschafft nach einem zweistündigen Anstieg, standen wir auf dem Gipfel im kompletten Nebel und vor uns ein riesengroßer Krater. Ein paar andere Wanderer hatten den Weg nach oben auch gefunden, einer davon hatte eine Querflöte bei, nach anfänglicher Verwunderung und Nachfrage wieso, warum, weshalb, nahm der Besitzer, ich glaub es war ein Franzose, seine Flöte und fängt an zu spielen. Er spielte nicht irgendein Lied, er spielte doch tatsächlich den Soundtrack von Herr der Ringe, auf dem Schicksalsberg, auf dem Mt. Doom, ein magischer Moment, man hätte weinen können, hab ich aber nicht. Der Abstieg war dann nicht allzu schwierig, wir benötigen eine Stunde und es war mehr ein Ski fahren, denn ein wandern. Der Rest des Weges war dann nach der zuvor überstandenen Tortur nur noch ein Klacks, der noch drei weitere Stunden dauerte und jetzt an dieser Stelle keine Erwähnung finden soll.

Ebenso wie der größte Teil des Dienstages, den wir hauptsächlich auf der Straße verbracht haben. Wenn da nicht Teil drei unserer never ending Vanstory gewesen wäre. Am Morgen wurde zunächst noch die Batterie gewechselt, die alte hatte schon zehn Jahre auf dem Buckel und wurde in den wohlverdienten Ruhestand versetzt. Auf unserem Weg an einen Ort an der Westküste sind wir mitten durch das Herz der Nordinsel, was auch gleichzeitig mit dem Nirgendwo gleichzusetzten ist, die Straßen hatte wieder einmal zwanzig Kilometer keinen Asphalt vorzuweisen und war nur so von Kurven geprägt, kein unbedingt Sprit sparendes Terrain. So leuchtete dann also auf einmal wieder die Tankanzeige auf, inklusive jetzt gekauften Kanister hatten wir vielleicht Benzin für 112 km, aber Minuten zuvor zeigte uns ein Schild – Next 100 km no petrol station! Da die Möglichkeiten per Anhalter zur nächsten Tankstelle zu kommen dieses Mal sehr begrenzt waren entschieden wir uns nach der Hälfte lieber irgendeinen Farmer zu fragen. Gleich der erste hat uns mit offenen Armen empfangen und verkaufte uns den Liter für 2,5 $, quasi zu deutschen Preisen, an Tankstellen kostet der sonst 1,65 $, egal „Lebbe geht weida“. So auch unsere Fahrt, abends um 23 Uhr sind wir in einem weiteren Camp angekommen, kurz vor Wellington, in diesem konnten wir wieder für nichts übernachten, diesmal für drei Nächte.

Die darauf folgenden zwei Tage haben wir dann etwas in Wellington unternommen, am ersten Tag wurde größtenteils in Vorbereitung auf die anstehenden Wanderungen geshoppt, am zweiten haben wir uns das neuseeländische Nationalmuseum, das Te Papa, zu Gemüte geführt. Mit Shoppingbeuteln beladen wollten wir am Mittwoch dann ganz gemütlich wieder zurück ins Camp. Am Van angekommen gabs zwei Überraschungen, die erste offenbarte sich in Form eines Strafzettels für falsch parken, 40 $, unnötig, aber passiert. Die zweite Überraschung hatte dann wieder einmal unser Van parat, ich war mit dem Fahren an der Reihe, ganz entspannt habe ich den Zündschlüssel reingesteckt, umgedreht und, und es passierte nichts, noch nicht einmal ein einziges Lichtlein blinkte, es stellte sich heraus, dass jemand das Licht für ca. 8 Stunden angelassen hatte, ich war es nicht, ist aber auch wurscht. Da aber Dr. Pech nun genug von uns gehabt hatte, fanden wir nach zehnminütiger Suche einen Kiwi der uns Starthilfe gewährleistet hatte, im Camp gab es dann sogar eine Aufladung der Batterie for free, Glück gehabt.

Der gestrige Heiligabend wurde von uns allen zum ersten Mal fern der Heimat verbracht, ein sehr komisches Erlebnis, da sich alles überhaupt nicht nach Weihnachten angefühlt hatte. Abendbrot wurde in einem indischen Restaurant gegessen, war ok, aber dem Anlass nicht angemessen.

So meine lieben, die Fähre nähert sich jetzt immer mehr ihrem Ziel, um mich herum zeigt sich schon die einzigartige Landschaft, man soll ja angeblich ein komplett neues Land betreten, schaun ma mal.

Ich hoffe mal ich kann diesen Blog sehr zeitnah absenden und nicht erst im neuen Jahr, oder so.

Für dieses wünsche ich euch schon mal einen Guten Rutsch!

Lasst alle Tiere am Leben!!

Grüßt die Kiwis!!!
Euer Michi

Freitag, 18. Dezember 2009

"He is coming back!"

Morgen ist nun der Tag gekommen, der Tag der mir von Agnes schon seit 4 Monaten wie eine Art Mantra vorgehalten wurde, jedes Mal wenn sie mich einer anderen Person, ihren "Freunden" (alle Menschen die sie beim Namen kennt sind, bezeichnet sie als solche) vorgestellt hat; "That's Michael, he is from Germany, he is leaving on the 19th", ihr Gesprächspartner:"Oh is he, in September or when?", Agnes wieder: "No December, eh Michael, you are leaving in December, aren't you?" "Yes Agnes, still three months to go." An diesem Grundaufbau meiner Vorstellung durch Agnes hat sich im Großen und Ganzen nichts verändert, höchstens die Anzahl der Monate und seit ein paar Tagen hat sie auch noch einen Satz hinzugefügt, aber dazu später mehr.

Wie ihr seht, der Weihnachtsmann hat den Osterhasen also wieder deutlich überholt und es ist nur noch eine Woche bis zum heiligen Fest, da ich mich mit meinen Füßen ja auf einem früheren Kolonialgebiet Großbritanniens befinde, wird Weihnachten erst richtig am 25. gefeiert, wobei die Menschen in meiner Umgebung das nicht so ernst nehmen, es werden jetzt schon munter Karten versandt und Geschenke vergeben. Bei mir selber ist jedoch noch keine großartige Weihnachtsstimmung zu erkennen, was wohl ganz einfach zu begründen ist; es riecht nicht und es fühlt sich nicht nach Weihnachten an. Ich hab kein einziges Mal den Duft eines Räuchermännchen verspüren dürfen, kein einziger Schwibbogen erstrahlt die Fenster, die Menschen laufen in Flipflops anstatt in dicken Winterstiefeln, sie tragen Sonnenbrille, bauchfreie Shirts und kurze Hosen, anstatt Handschuhe, Schal und Wollkragenpullover. Weihnachten im Sommer, klingt komisch und ist es auch. Ich mag es nicht unbedingt. Mir kam die große Ehre zu Gute unser Haus weihnachtlich zu gestalten. Im Keller gab es zwei große Kartons, in denen sich hauptsächlich goldene Glitzergirlanden, lila Weihnachtskränze und jede Menge bunte Lichterketten befanden. Alles total Hässliche hab ich gleich in den Kartons gelassen, alles halbwegs hässliche hängt jetzt bei uns im Haus. Auch wurde ich beauftragt den Weihnachtsbaum aufzustellen und zu dekorieren. Ich habe noch einen so schrecklichen Weihnachtsbaum dekoriert, mögen es die 25 Grad sein, seine Zweige haben in alle Richtungen gezeigt, nur nicht in die richtigen. Auch musste ich Rachael davon abhalten lila Lametta bzw. überhaupt welches ran zu machen; meine Ausrede war "Äh, äh purple tinsel (englisch für Lametta) makes the tree ill", böser Junge, im Endeffekt hat sie es sein lassen. Hier das Resultat.

Nun zu dem schon eingangs erwähnten von Agnes seit ein paar Tagen immer öfter verwendeten Satz, er lautet: "He is coming back!" Seit Dienstag ist es offiziell, nach meinen sechs Wochen Reisezeit werde ich zu "meinen" Behinderten zurückkehren. Es ist eigentlich so üblich, dass ein Freiwilliger nach sechs Monaten sein Projekt wechselt, jedenfalls in Neuseeland. Seltsamerweise sind gerade im Mount Tabor Trust immer wieder Freiwillige, die jedoch ein ganzes Jahr bleiben, da gehöre ich nun auch dazu. Warum? Ich möchte das jetzt nicht groß ausschlachten, nur so viel; ich fühle mich unglaublich wohl in meiner Arbeit. Ich hätte das nach meiner ersten Woche nie für möglich gehalten, aber es ist wahr, die Leute, nicht nur die Behinderten, sind mir ein bisschen ans Herz gewachsen, ich hoffe nur, dass ich dann nach einem Jahr mit behinderten Menschen keine großartigen geistigen Schädigungen aufweise, so ein paar Macken hab ich ja schon. Die Entscheidung jedenfalls steht jetzt endlich, es hat etwas gedauert, da ich mir selber auch nicht hundertprozentig sicher war, aber wer weiß was für Abenteuer vom Februar bis zum Juli noch auf mich warten.

Da aber alles hier schon so ein bisschen auf Abschied eingestellt war, war für Donnerstag ein Farewell- Picknick geplant, daraus wurde eben ein Comeback- Picknick. Es ging mit der ganzen Sippe, außer Robbie (er sagte seinen traditionellen Satz, wenn es irgendwo hingeht: "I'm tired, I'm staying here and looking after place!"), zum Piha Beach, einem Strand in der Nähe von Auckland.
Der Van war trotz Robbies Abwesenheit gerammelt voll, da wir mehr Support Worker waren als Core People.
Auf dem Weg zum Piha Beach muss man durch eine Art Wildpark, den sogenannten Waitakere Ranges, da ich bislang noch kein Auto hatte konnte ich hier noch keine Wanderung unternehmen, wird aber dann im zweiten Halbjahr sicherlich nachgeholt. Man hat von hier auch eine sehr schöne Sicht auf die Skyline von Auckland.
Nach circa einer Stunde Fahrt waren wir endlich am Ziel angekommen, einem der angeblich schönsten und gefährlichsten Strände rund um Auckland. Er hielt was er versprach, zwar gabs schon einmal schönere, aber wir wollen ja nicht gleich meckern. Gefährlich ist der Strand, deshalb da die Strömung wohl sehr tückisch sein soll und man ganz schnell wegetrieben werden kann und man so auf einmal plötzlich einen der zahlreichen Felsen vor sich hat. Geprägt wird der Strand vom sogenannten "Lions Rock", überraschenderweise soll der kleine Hügel einen schlafenden Löwen darstellen; könnt ihr einen erkennen?
Am Fuße des Hügels angekommen wurde erst einmal Mittag gegessen.
Da achtundsiebzigjährige Zwillinge nach zwei Stunden ohne ihr Puzzel Entzugserscheinungen zeigen, mussten wir uns nach dem Lunch auch schon wieder los machen, ich konnte noch ganz schnell einen kleinen Pfad auf dem Hügel laufen, die Bilder von dort sind als nicht allzu besonders zu erachten. Nichtsdestotrotz war es sein sehr schöner Ausflug, auch wenn man mit Behinderten solch einen Trip nicht im vollem Umfang genießen kann, egal ich will mich ja nicht über mein Leben hier beschweren.

Schon gar nicht über das morgen beginnende. Sechs Wochen wird gereist, quasi gegen den Uhrzeigersinn, es geht nördlichen Auckland zum südlichsten Punkt der Südinsel und wieder zurück. Genaueres werde ich euch dann sicherlich von den sich bietenden Möglichkeiten berichten, wahrscheinlich vorerst ohne Fotos, Schaun ma mal.

Ich wünsche euch somit schon einmal geruhsame Weihnachten!

Auf hoffentlich bald!!

Grüßt die Kiwis!!!

Mit einem fast vollständigen Gruppenbild mit meinen Mitbewohnern verabschiedet sich

Euer Michi

(Von links: Agnes, Ron, Rachael, Hans- Wurst, Roy, Cathy (meine Houseleaderin))

Dienstag, 8. Dezember 2009

90 Minuten ein Kiwi.

.
Bevor sich über diesen Blog und meine Gedanken an die Erlebnisse im November eine dicke Staubschicht legt, werde ich jetzt mal lieber einen Lappen nehmen und euch etwas von meinem kleinen Ausflug in Mitten des neuseeländischen Frühlings berichten.


Es ist schon unfassbare drei Wochen her, als ich fünf Tage in Folge frei hatte und innerhalb dieser Zeit fast die gesamte Nordinsel durchquert habe. Erstes Etappenziel war der Lake Taupo, der größte See Neuseelands, genauer ein Camp an diesem See.(Der See ist leider nicht auf der Karte rechts drauf, er liegt genau in der Mitte der Nordinsel) Dort arbeitet für ein halbes Jahr der Matthias, ein weiterer neuseeländischer deutscher Freiwilliger. Wir haben uns beim Einführungscamp in Neuseeland kennengelernt und irgendwann im Laufe des halben Jahres kamen wir dann auf die Idee zusammen im Sommer auf Reisen zu gehen, zuvor wollte ich mir aber den See mal anschauen und dann hat er mich bei sich eingeladen, wie auch immer, ich war jedenfalls bei ihm. Das Camp ähnelt im Großen und Ganzen dem von Malte und Johannes, welches ich mit Tom Anfang September besucht hatte. Ein Kletterpark, viele Rasenflächen, noch mehr Duschen und Zimmer zum sauber machen, einmal mehr wurde mir vor Augen geführt wie gut es mir mit „meinen“ Behinderten doch geht. Matthias teilt sich ein Klassenzimmer großes Bungalow mit zwei anderen deutschen Freiwilligen, dem Armin und Niklas. Wirklich viel Platz haben sie in deren Zimmern nicht, ein Doppelstockbett und dann vielleicht noch 2,45 m² Freiraum, kein Kleiderschrank. Ist ja aber auch eigentlich egal, ich durfte dort nun für zwei Nächte unterkommen.

Am nächsten Tag, genauer genommen ein Freitag, ging es um sechs aus den Betten (ich dachte eigentlich ich hätte diese unchristlichen Aufstehzeiten vorerst überwunden) es stand einer der beliebtesten Wanderwege Neuseelands auf dem Programm, der Tongariro Alpine Crossing. Man benötigt für diesen 19,4 km langen Wanderweg ca. 8 Stunden, die Fahrt dorthin dauert aber eine Weile, deswegen die frühe Aufstehzeit. Der Crossing verläuft durch die drei noch aktiven Vulkane Mount Ruhapeu, Ngauruhoe und Tongariro und ist dadurch in eine einzigartige Vulkanlandschaft eingebettet. Hier mal ein Postkartenbild.

Nun gut, dieses Bild und vor allem dieses Wetter zeigte sich auf Grund unserer Anwesenheit natürlich nicht. Es war vollkommen bewölkt und keiner der drei Gipfel war auch nur ansatzweise zu sehen. Davon wollten wir uns aber nicht abschrecken lassen, frohen Mutes sind wir dann in die am Fuße des Weges befindliche Touristeninformation, dort wurde uns jedoch alle Hoffnung auf ein Wanderabenteuer genommen. Ab 1600 Meter ist Wind von bis zu 70 km/h zu erwarten, ab 1700 Meter soll es schneien, der höchste Punkt der Wanderung beträgt 1886 Meter. Da mussten dann auch wir, in Jeans und Sportschuhen gekleidet, die Segel streichen und sind einen kleinen knapp zweistündigen Pfad gelaufen. Aber ich komme ganz bestimmt zurück, da ich ja, trotz meines FSJ, auch nur ein durchschnittlicher Neuseelandtourist bin, gehört der Alpine Crossing zum Pflichtprogramm.

Was nun? Haben wir uns natürlich auch gefragt, der Plan besagte eigentlich, dass wir erst am Samstagvormittag nach Wellington, die neuseeländische Hauptstadt, fahren. Wurst fahren wir eben schon Freitag. Wie wir genau nach Wellington kommen sind und wie Matthias und ich im Reisemonat überhaupt mobil sind wird später noch im Blog erwähnt, so viel schon mal vorweg; es war ein Erlebnis.

Irgendwie sind wir jedenfalls in Wellington angekommen. Ursprünglich war angedacht die eine Nacht bei Timotheé zu verbringen. Timotheé war einmal ein Freiwilliger, kein Deutscher sondern ein Franzose, er hat ebenfalls in dem Camp von Matthias gearbeitet, bis es ihm vor lauter Kloputzen und Abwaschen zu viel wurde und unsere Organisation verlassen hat. Er ging dann einfach auf gut Glück nach Wellington und hat an einem Tag eine Unterkunft, eine Arbeitsstelle und eine Freundin gefunden, muss wohl an seinem unverkennbaren französischen Akcent liegen, der klingt wenigstens nach was, nicht so wie dieses langweilige und unsympathische deutsche Englisch. Als wir dann schon vierundzwanzig Stunden früher vor seiner Haustür standen, hat er uns dann vollkommen verschlafen auch für zwei Nächte Asyl gewährt. Timotheé wohnt in einer alten und ziemlich verdreckten Studenten- WG, ich durfte auf einer gefühlt 127 Jahre alten Couch nächtigen, egal Hauptsache ein Bett und eine warme Dusche. Bevor wir uns ins Wellingtoner Nachtleben stürzen konnten, hatte Timotheé noch für uns Abendbrot gekocht. Matthias und ich haben seinen Kochvorgang etwas skeptisch beäugt, es gab Polenta, eigentlich. Er hat wahllos irgendwelche Zutaten in den Topf geschmissen, dass einem hätte schlecht werden können, von Thunfisch, über merkwürdige Saucen bis hin zu allen möglichen Kräutern. Selten habe ich mich vor einem Essen so gegraut, aber mit dem ersten Bissen waren alle Bedenken verflogen, es war mit Abstand die leckerste Polenta die ich je gegessen habe, die Franzosen haben es einfach im Blut. Danach hat er uns dann ein bisschen von Wellington gezeigt, aber der eigentliche Touristenbesuch war erst für den nächsten Tag geplant.

Am nächsten Morgen ging es etwas später raus, wir konnten von Timotheé seiner Wohnung die Innenstadt in zehn Minuten per Fuß erreichen und haben uns zuerst für einen Besuch des neuseeländischen Parlaments entschieden. Dieses ähnelt einem Bienenstock und wird daher im Volksmund nur „Beehive“ genannt.

Drinnen konnte man leider keine Bilder machen, es war aber recht gemütlich, nicht so großräumig und bombastisch wie im Bundestag, der Plenarsaal besitzt ungefähr die Größe des britischen Unterhauses in London, falls euch das was sagt. Nach einer kostenlosen Tour im Herzen der neuseeländischen Demokratie gings in die City und es wurde ein bisschen geshoppt. Da Timotheé in einem Cafe arbeitet viel die Wahl fürs Mittag nicht schwer, er hatte am Samstag Dienst. Anschließend haben wir dann einen weitere Pflicht für Wellington Touristen absolviert, eine Fahrt mit der Cable Car. Dabei handelt es sich um eine kleine Bahn, die direkt vom Stadtzentrum aus, einen Berg hoch, in einen Vorort von Wellington fährt. Hier mal ein Bildchen.

War ganz schön. Nachdem wir dann den Nachmittag rumgekriegt haben, gabs diesmal Bolognese by Michael Graupner, allerdings war dies alles nur Vorgeplänkel für das eigentliche Highlight unseres Trips. Endlich gab es das lang ersehnte „Spiel des Jahrzehnts“ für den neuseeländischen Fußball, die Kiwis gegen Bahrain. Ich bin ja eher geringen Erwartungen in den Abend hinein, Neuseeland und Fußball? Aber schon auf dem Weg zum Stadion spürte man, dass wird heute ein ganz besonderer Abend. Menschenmassen in Weiß strömten nur so zum Stadion, darunter auch ein paar Tiere, die sich anscheinend verlaufen hatten.

Das Stadion in Wellington sieht von außen etwas seltsam aus, komplett grau umhüllt und einer ovalen Form nachempfunden, deswegen hat es auch den Spitznamen „Cake- Tin“ (Küchenbüchse). Der erste Schritt ins Innere des Stadtions war einfach nur überwältigend, das Stadion mit 35.194 Zuschauern komplett ausverkauft (neuer neuseeländischer Rekord), nahezu alle in weiß gekleidet (Spitzname der neuseeländischen Fußballnationalmannschaft – „All Whites“) und auch 15 Minuten vor Anpfiff wurde die Mannschaft schon begeistert angefeuert.

Die nun folgenden 90 Minuten gingen in die neuseeländische Sporthistorie ein, so zumindest die wichtigste Zeitung Neuseelands, der „NZ Herald“, am Tag danach. Das Hinspiel endete 0:0, Neuseeland musste also gewinnen oder auch nicht, egal zu kompliziert. Die Kiwis begannen nervös, Bahrain gehörte die ersten 10 Minuten, aber Neuseeland kämpfte sich ins Spiel und wurde Minute für Minute selbstbewusster. In der 28. Minute hatten alle schon den Torschrei auf den Lippen, Chris Killen traf in halber Gerd Müller Manier nur die Latte. Bahrain reagierte nur noch und kam nicht mal mehr über die Mittellinie, die „All Whites“ waren drückend überlegen. Allerdings fehlte der berühmte letzte Pass, oftmals blieb man an den nun tiefstehenden Asiaten stecken, einen Jiayi Shao gibt es halt nur einmal. Alle hatten sich schon auf ein torloses 0:0 Unentschieden zum Pausentee eingestellt, zwei Männer hatten jedoch etwas dagegen. Mittelfeldstratege Leo Bertos schlug aus halbrechter Position einen Eckball in den Strafraum und dort stand frei stehend und weit und breit kein Gegenspieler um sich herumhabend, Roy Fallon, mit einem Horst Hrubesch Gedächnisskopfball nickt er ins Tor ein – 1:0 für Neuseeland in der Nachspielzeit der ersten Hälfte, das Stadion bebte. Nach der Halbzeit hatten sich die Zuschauer gerade wieder auf ihre Plätze begeben, als allen auf einmal der Atem stockte, man hätte eine Stecknadel fallen hören können, oder so ähnlich. Sayed Mohamed Adnan wurde in der 51. Minute wurde von Tony Lochhead im neuseeländischen Strafraum rüde umgelegt, der Schiedsrichter pfiff und zeigte auf den Punkt. Da es aber im Fußball einen Kaiser gibt und der immer Recht hat und der einmal gesagt hat: „Der Gefoulte darf auf keinen Fall selber schießen“, versagten Sayed Mohamed Adnan die Nerven. Sein Schuss war wohl eher eine gutgemeinte Rückgabe, der Torwart der Kiwis, Mark Paston, roch die richtige Ecke und hatte den Schützen wohl ausgeguckt, den hätte er auch mit der Mütze halten können, egal, das Stadion stand wieder Kopf. Die folgenden knapp vierzig Minuten erwiesen sich als eine Zitterpartie, die Zeit wollte einfach nicht vergehen, als hätte jemand den Uhrzeiger angehalten. Minute für Minute merkte man die ansteigende Nervosität in den Waden der „All Whites“, 5 Minuten vor Schluss hatte Stürmer Shane Smeltz die Erlösung auf dem Fuße, aber er vergab. So wurde bis zum letzten Eckball der Wüstenstürmer von der arabischen Halbinsel gezittert und da war es passiert, der Ball im Netz, alles aus, in der letzten Minute – da aber der Fußballgott an diesem Abend ein Neuseeländer war, ließ er den Linienrichter die Fahne heben, Mark Paston wurde im Fünfmeterraum von zwei Bahrainer bedrängt, Freistoß Neuseeland, 2 Minuten noch zu gehen, Glück gehabt. Und dann war es passiert, aus, das Spiel ist aus. Menschen, die sich zuvor noch nicht kannten lagen sich in den Armen, Bier, welches sich noch eben in einer 0,33 Liter PET- Flasche befand, war nun auf schweißgetränkten Haaren wieder zu finden, Hot Dogs, die gerade noch wohlbehütet in den Gedärmen ihrer Besitzer… nein, also es war vorbei, Neuseeland qualifizierte sich zum zweiten Mal für eine Fußballweltmeisterschaft.

Gut ich muss gestehen, ein etwas ungewöhnlicher Spielbericht, aber so ungefähr war es. Am meisten hat mich das neuseeländische Publikum beeindruckt, welches wirklich 90 Minuten ihre Mannschaft ohne weiteres unterstützt hat. Da wurden dann auch Matthias und ich mitgerissen, meine Stimme am Tag danach war nicht wirklich zu gebrauchen. Ich bilde mir auch ein etwas Rugby- Stimmung im Publikum wiedererkannt zu haben. Als der Ball mal in der gegnerischen Hälfte war, oder das Spiel etwas vor sich hin plänkelte saßen die meisten, klatschen und rufen kann man ja auch im sitzen. Als dann aber der Ball ca. 42 Meter vors gegnerische Tor kam, sind alle gleich aufgesprungen und haben losgeschrien, beim Rugby ist das auch so in etwa. Hier mal noch ein paar Impressionen:

Unsere Kurve.

Die bahrainischen Hooligans.

Matthias et moi.

Die Stimmung war auch noch dreißig Minuten nach dem Abpfiff überwältigend und hielt auch noch auf dem Weg vom Stadion zurück ins Zentrum, immer wieder stimmte einer „All Whites“ an (richtig gesprochen hat das einen gewissen Rhythmus). Auf halbem Weg hörten wir auf einmal von links ein paar Leute klatschen, kein Anfeuerungsklatschen, sondern ein respektzollendes. Immer mehr Leute orientierten sich jetzt zum Ursprung des Klatschens, wir befanden uns am Teamhotel der Bahrainischen Nationalmannschaft, deren Bus war gerade angekommen und rundherum standen Menschen mit weißen Trikots und klatschten. Ein großartiger Moment. Der Große Philosoph Martin Präger hätte an dieser Stelle gesagt: „Das ist Fußball.“

Sonntagvormittag stand dann nur noch der Besuch der neuseeländischen Artgallerie auf dem Programm, war eher durchschnittlich. Anschließend mussten wir uns dann von „Windy Wellington“ verabschieden. Nach insgesamt knapp zwei Tagen Touristeneindruck gefiel mir Wellington deutlich besser als Auckland. Kleiner, kompakter und nicht so hochgebaut, einzig und allein das Wetter macht Wellingtons Spitznamen alle Ehre, es ist unglaublich windig und somit kalt, mal sehen wie es in zwei Wochen ist, dann sind wir wieder dort, unter anderem an Heiligabend.

Nach fast fünf Stunden Fahrt sind wieder wohlbehütetet in Matthias seinem Camp angekommen, dort habe ich dann noch eine Nacht bleiben dürfen, ehe es am nächsten Morgen wieder zurück in mein Dorf ging, mit dem Bus, der insgesamt knapp acht Stunden benötigte. Zu Hause angekommen wurde ich überraschend freundlich von meinen „Mitbewohnern“ empfangen, die Zwillinge unterbrachen sogar ihr Puzzel um mir „Hallo“ zu sagen, von Agnes gabs ein „Auf Wiedersehen“ („It‘s ‘Good day‘ in German, isn’t it?“) – ich war wieder in der Realität angekommen.

Mobil.

Schon vor langer Zeit wollte ich euch ja davon berichten wie ich hier überhaupt vom Fleck komme, das werde ich jetzt nachholen. Ein meiner Hauptaufgaben in meinem Projekt ist es ja die Behinderten irgendwo hinzufahren, dafür haben wir unseren hauseigenen Van, welcher so aussieht.

Anfangs hatte ich schon etwas Bammel davor mit diesem Gefährt die Straßen unsicher zu machen, was natürlich an den im Vergleich zu Deutschland veränderten Bedingungen lag. Gefahren wird links, das Lenkrad ist rechts, zum Glück hat unser Van Automatik, somit musste ich mich nicht auch noch ans Schalten mit links gewöhnen, vorerst. An meinem zweiten Tag durfte ich nun erstmals mit unserem Nissan- Van fahren, anfahren und so war natürlich nicht schwer, aber dann die erste Kreuzung, anstatt des eigentlichen gewöhnlichen Klickens des Blinkers war nur das Quietschen des Scheibenwischers zu hören, wir fahren Links, also ist der Blinker Rechts! Dass passierte mir am ersten Tag noch etliche Male, aber das war dann schon das einzige Problem. Bis heute, mich würde jetzt nicht wundern, wenn es morgen passiert, ist es kein einziges Mal vorgekommen, dass ich auf einmal in meiner Fahrbahn Gegenverkehr hatte, vor ein paar Jahren sind mal zwei Freiwillige umgekommen, weil sie auf der falschen Seite gefahren sind, deshalb wurde uns das zu Beginn ganz besonders häufig eingehämmert; Kiwis fahren LINKS! Auch wurde ich noch in keinster Weise geblitzt oder habe sonstige Schäden verursacht, einzig mit dem Einparken hapert es manchmal, da ich ja sowieso in dieser Disziplin ein Kevin Kuranyi bin, ist das mit einem solchen Gerät nicht unbedingt leichter.

An meinen freien Tagen benutzte ich zur Fortbewegung meistens den Bus, meistens. Ich habe von einem Arbeitskollegen zu Beginn ein Fahrrad ausgeliehen bekommen, er meinte zu mir, dass dieses richtig gut sei und ich damit die ganze Umgebung erkunden kann, da war ich selbstverständlich froh, dass ich für lau ein Zweirad gefunden habe. Als er mir dann allerdings das Fahrrad gezeigt hat, dachte ich er will mich übers Ohr nehmen. Es handelte sich um ein Fahrrad, welches wohl eher für siebenjährige als für Erwachsene gedacht ist, aus Höflichkeit hab ich es dann aber trotzdem genommen. So sieht’s aus:

„Der kleine Michael möchte von seinen Eltern bitte aus dem Kinderparadies abgeholt werden.“

Im Grunde benutze ich es auch nur an meinen zwei freien Tagen, wenn ich mal nicht irgendwo hinfahre, dann geht’s zum Fitnessstudio in Helensville, dessen Besuch ich euch ja bislang verschwiegen hatte. Nachdem das mit dem Rugby nichts geworden ist, gabs in meinem Dorf nur noch das Fitnessstudio als sportliche Betätigung, das hat sieben Tage und vierundzwanzig Stunden geöffnet und hat eigentlich alles was man so brauch, mittlerweile wird es mir dort echt etwas langweilig und zum Arnold Schwarzenegger bin ich auch nicht mutiert. However, um dort hin zu gelangen muss ich mit dem Rad durch ganz Helensville, man brauch sich das nur bildlich vorstellen; ein neunzehnjähriger Mensch auf einem Fahrrad, welches für siebenjährige konzipiert ist, da bleibt der ein oder andere Schmunzel mancher Leute natürlich nicht aus, Wurscht.

So eine Sache wird jetzt noch schnell geschrieben, langsam nimmt das jetzt ja schon wieder Übermaß an. Es geht um mein erstes eigenes Auto! Ja ich besitze eines, wobei ich nur Anteilseigener zu 50 % bin und es ist im Grunde kein Auto sondern ein zweiundzwanzig Jahre alter Mazda Bongo. Auch von diesem ein Bild.

Da ich ja mit Matthias bald auf große Reise gehen werde, benötigen wir dazu auch einen Vierbeiner, da traf es sich ganz gut, dass Matthias sein Chef seinen Van verkaufen wollte. Wir nahmen dankbar an, für 750 € kann man schließlich nicht viel falsch machen. Als ich dann zu Matthias im November bin konnte ich zum ersten Mal einen Blick auf den Bongo werfen und meine anfängliche Begeisterung verflog mit dem ersten Fahren ziemlich schnell. Der Motor macht den Eindruck als stamme er noch aus dem Winterkrieg 1938 zwischen Russland und Finnland, er macht ein Ohrenbetäubenden Lärm, das Anfahren ist die einzige Qual und teilweise muss man den Verkehr passieren lassen, auch wenn er noch 500 Meter entfernt ist, er benötigt von null auf hundert gefühlte 123 Minuten und besitzt eine stockende Gangschaltung. Auf dem Weg nach Wellington passierten wir eine 60 km lange Straße, die keine einzige Tankstelle zu bieten hat, unsere Tankanzeige deutete aber einen vollen Tank an. Nach ca. 28 km auf dieser Straße der Schock, die Tankzeige zeigte plötzlich auf null, die folgenden 30 km waren die längsten meines Lebens, auf jeder noch so kleinen Abfahrt wurde der Fuß vom Gas genommen und gebangt. An der Tankstelle angekommen mussten wir aber feststellen, dass alle Sorgen umsonst waren, der Tank zu dreiviertel voll, Tankanzeige kaputt, gute Weiterfahrt. Wenn wir mit diesem Van durch ganz Neuseeland heil durchkommen werde ich zurück nach Deutschland schwimmen. Schaun ma Mal, gut an einem solch großen Fahrzeug ist, dass man Unmengen an Platz hat, wir werden diesen hauptsächlich als Notunterkunft benutzen, eine große Matratze passt rein, so können wir den ein oder anderen Backpacker sparen.

So Freunde des gepflegten Blogs, ich bin nun endlich am Ende, so viel Staub gabs vorher noch nie, wurde also mal wieder Zeit sauber zu machen. Bevor ich mein Projekt verlasse und 6 Wochen ein komplett neues Leben führen werde, gibt es sicherlich von mir nochmal eine Wasserstandsmeldung.

Danke für eure Geduld!

Euch allen eine besinnliche Vorweihnachtszeit!!

Grüßt die Kiwis!!!

Euer Michi

Dienstag, 10. November 2009

10,55 km, 46:16 Minuten, 49. Platz



Zu Beginn dieses Blogeintrages könnte wieder irgendein schlechter und letzte Woche schon missbrauchter Spruch mit Halloween und Gruseln kommen, lassen wir lieber, könnte aber trotzdem passen. Ihr liegt zunächst einmal richtig; die auf dem Bild abgebildete Person stellt den Verfasser dieser Internetseite dar, er hat gerade ein Viertel eines Marathons in den Beiden, was man nur bedingt an seinem äußeren Erscheinungsbild erkennen kann. Um diesen Ausflug zum sogenannten „Auckland Marathon“ soll es heute gehen.

Wie letzte Woche in den abschließenden Zeilen schon angekündigt bin ich also nach Auckland. Es sollte um halb fünf in die größte Stadt Neuseelands. Da jedoch die Deutsche Bahn im Gegensatz zum öffentlichen Nahverkehr rund um Neuseeland eine Ausgeburt der Pünktlichkeit ist, kam der Bus natürlich nicht, somit konnte ich erst mit dem Bus um sieben Uhr fahren. Dies hatte wiederum weitreichende Konsequenzen, ich hätte nämlich schon um sieben Uhr in Auckland sein müssen um meine Startnummer, T-Shirt und Zeitmessungsgerät für den Lauf am nächsten Morgen abzuholen. So war ich dann erst um neun da und natürlich kein running bag (Laufbeutel klingt eher nach Spaziergang) mehr für Michael Graupner. Nach langer Suche hatte ich dann endlich einen Verantwortlichen gefunden, der meinte „no way“, zu spät, die übriggebliebenen Nummern und so sind alle schon auf dem Weg zur Müllhalde. Wahrscheinlich tat ich ihm dann aber doch ein wenig Leid, jedenfalls hat er dann nochmal in allen Mülleimern nachgeschaut und siehe da es gab doch noch eine Startnummer. Zwar nicht für Michael Graupner, ab 21:23 Uhr war ich für ein paar Stunden Peter O’Connor, egal Hauptsache laufen.

Auf den Auckland Marathon bin ich schon gleich nach meiner Ankunft gestoßen, auf der Suche nach irgendeiner läuferischen Herausforderung. Ursprünglich wollte ich den Halb- Marathon laufen, der war aber leider schon ausgebucht, so blieb als Alternative nur der Viertel- Marathon, quasi als Stadtlaufersatz in diesem Jahr. Nach etwas Vorbereitung in den Wochen zu vor, 10,55 Kilometer läuft man ja auch nicht nebenbei, fühlte ich mich relativ fit und wahr frohen Mutes was den Sonntag betrifft. Einzig negative an der ganzen Sache war die Startzeit; es ging bereits um 6:45 Uhr los, man sollte um 6 Uhr da sein und somit hieß es um fünf Aufstehen. Mir also war vorher schon klar, dass meine Schlafzeit eher begrenzt schien, zu Mal ich mich wieder im Backpacker eingemietet hatte, in dem eine der zahlreichen Halloweenpartys in Auckland stieg. So trieb es mich abends noch in ein Pub, die All Blacks spielten mal wieder gegen Australien, diesmal in Tokio, warum auch immer. Da überraschenderweise mein Verstand über meinen Durst gesiegt hat, bestellte ich nur einen englischen Tee. Dies hatte zur Folge, dass mindestens jeder zweite Mensch mich nach dem Grund für mein seltsames alkoholfreies Gebräu gefragt hat. Neben mir am Tresen saß ein Schotte, der mich schon nach meinem ersten Satz als „bloody German“ identifiziert hat. Mit ihm hab ich dann den ganzen Abend über Fußball gequatscht, am Ende ist uns dann beide aufgefallen, dass Rugby nicht so wirklich unser Sport ist, ständige Unterbrechungen, mal ein bisschen Gekicke und irgendwann gibt es dann ein paar Punkte, der Ball ist rund!

Nichtsdestotrotz haben die All Blacks wieder einmal gewonnen, was sich jedoch negativ auf die Dauer meines Schlafes ausgewirkt hatte. Gefühlt war es ungefähr eine Stunde, in Wirklichkeit wohl etwas mehr, wurscht. Um fünf ging es aus dem Bett, die Straßen waren nur so überseht von betrunkenen und sich ergebenden Kürbissen, Spinnen und sonstigen Kreaturen. Am Start angekommen war ich erst einmal überrascht, wie viele doch am eigentlich nur als „Fun Run“ beschriebenen Lauf teilnehmen, insgesamt waren es über 2000 Läufer, ich zählte 13 Deutsche. Selbstverständlich werde ich euch jetzt nicht mit einem großen Rennbericht langweilen, ich halte das in aller Kürze. Start zu schnell angegangen, Mitte etwas eingebrochen, letzten 200 Meter gnadenloser Sprint. Bei angenehmem Laufwetter bin ich eine Zeit von 46:17 Minuten gelaufen, Ziel von unter 50 Minuten blieb also erfüllt, verdammter Ehrgeiz. Im Gesamtklassement würde das den 49. Platz machen, da aber Peter O’Connor kein Dings zum Zeitnehmen getragen hat ist er auch nicht auf der Ergebnisliste zu finden, Pech gehabt.

Langsam wieder zu Kräften kommend wollte ich mir anschließend den Zieleinlauf des eigentlichen Marathons nicht entgehen lassen. Der Gewinner lief irgendwas mit zwei Stunden und dreißig, da kein afrikanisches Laufmonster dabei war (Verzeihung für dieses Vorurteil), eine ganz anständige Zeit. Nach einem wohlverdienten Menü bei Burger King als zweites Frühstück, fuhr mich dann Tom netterweise wieder nach Helensville, so schnell war mein läuferisches Highlight dieses Jahr auch wieder passe.

Da mein Bett jetzt lauter als die Gedanken an weitere Erlebnisse schreit, werde ich es wohl an dieser Stelle lieber sein lassen. Man ist geistig abends nicht mehr unbedingt auf der Höhe, wenn man den ganzen Tag mit Behinderten gearbeitet hat, ich hoffe mal dass da keine bleibenden Schäden entstehen.

In diesem Sinne eine geistreiche Woche und eine neuseeländische WM- Qualifikation!

Bis demnächst!!

Grüßt die Kiwis!!!

Euer Michi

PS: Zum Abschluss noch ein Bild von Peter O‘ Connor, etwas mehr Ehrgeiz hätte man sich schon noch gewünscht, mehr Mund-aufgerissene- Fotos im Album.

Samstag, 31. Oktober 2009

Beach, Beach, Beach


Statistisch gesehen gehören jedem Neuseeländer ungefähr zwei Kühe und vier Schafe, da lag es nun einmal an mir, mich auch diesen Neuseeländischen Heiligtümern genauer vorzustellen. So bin ich nun an meinen zwei freien Tagen letzte Woche mit Tom auf eine kleine Halbinsel gefahren und habe dort meine „Antrittsrede“ gehalten. Leider war die Resonanz nur mäßig, die Schafe haben uns schon von weitem erspäht und sind aus Angst vor einer deutschen Invasion umgehend geflüchtet. Die Kühe besaßen anfangs etwas mehr Geduld, allerdings wenig Interesse, nachdem ich mit meinen Worten geendet hatte und mich noch nochmals nach ihrem Wohlbefinden erkundet hatte sind sie beleidigt von dannen gezogen, undankbare Viecher.

Davon haben wir uns aber natürlich nicht den Tag vermiesen lassen und haben uns vornehmlich darauf konzentriert die schönsten Strände nördlich von Helensville zu erkunden, dass viel uns wesentlich leichter. Erster Strand: Pink Beach. Man kann ihn nur bei Ebbe und halbwegs sonnigem Wetter erreichen, außerdem ist die Überwindung einiger Felsen erforderlich. Am Strand angekommen dominierte dann folgende Frage: Wo ist der verdammte pinke Sand? Bis wir dann nach einigen fragenden Blicken feststellen mussten, dass die unter unseren Füßen befindlichen Sandkörnern eben diesen Pink Beach bilden. Pinker Sand? Naja, wenn man lange genug drauf schaut, ist dieser Strand irgendwann auch mal pink. Könnt ihr ja selber mal beurteilen:

Die Region nördlich von Auckland ist nur so von kleinen Regionalparks bestückt, in jedem Park gibt es ausreichend und gut beschriftete Wege. Die Whangaparaoa Halbinsel, auf der wir uns jetzt noch befinden, ist an der Spitze vom Shakespear Regional Park erschlossen. Dieser hat nichts mit irgendeinem mittelmäßigen und halbwegs bekannten englischen Dramatiker vom Ende des 16. Jahrhunderts zu tun, außerdem wird der mit einem „e“ am Ende geschrieben. Aus dieser Zeit stammt allerdings noch folgender einheimischer Bewohner.

Nachdem wir uns also noch ein wenig im Shakespear Park ausgewandert haben, ging es wieder zurück zu Toms Auto, einen kleinen aber recht gemütlichen Subaru Kombi. Auf unserem Weg weiter nach Norden ist uns dann noch der ein oder andere Strand über den Weg gelaufen, allerdings hat der pazifische Ozean nicht mehr als unsere Zehenspitzen zu spüren bekommen, bei einer Wassertemperatur von ca. 14,67 ° Celsius kam der deutsche Waschlappen wieder zum Vorschein. Der nächste Strand sollte von uns nicht länger als ein Foto frequentiert werden; Orewa Beach besitzt ungefähr eine Länge von dreihundert Fußballfeldern und eine Möwe.

Nächster Halt? Waiwera Beach, welcher sich vor gleichnamigen Dorf befindet, dieses wiederum wurde Mitten in einer kleinen Bucht erschaffen, der Schönheitsgrad steigert sich also langsam, unser Aufenthaltszeitraum allerdings nicht. Wieder nur ein Foto und weiter ging’s.

Unser Ziel für den Tag stellte die Tawharanui Halbinsel dar. An ihrer Spitze, wie soll es anders sein, wieder ein Strand. Diesmal handelt es sich um den Anchor Bay. Die Fahrt dorthin ist zwar etwas beschwerlich, es geht größtenteils über staubigsten Schotter, aber das Ziel ist unbeschreiblich. Für die Schönheit dieses Strands gibt es nicht genügend Superlative, was natürlich auch am fantastischen Wetter lag. Wir mussten erst einmal inne halten und die ganze Szenerie auf uns wirken lassen.

Dieser Strand verdiente dann selbstverständlich nicht nur irgendein dummes Touristenfoto, sondern wurde von uns erst einmal ausgiebig bewandert. Über Stock und Stein, Grass und Fels sind wir durch schmale Höhlen und entlang kleiner Halbinseln, immer mit der Gefahr im nicht vorhandenen Gepäck, dass ein falscher Schritt im Wasser oder auf Sand enden könnte.

Passiert ist uns Gott sei Dank nichts und wir konnten unsere nächtliche Unterkunft ansteuern. Wobei diese sich nur Zentimeter von unseren Sitzen im Auto befand, es handelte sich um den Kofferraum von Toms Subaru. Am Morgen hatte er noch eine Matratze in seinen Kombi verfrachtet, Bettdecke rauf, Sitze nach vorne und fertig war unser fünf Sterne Hotel. Nach längerem Suchen haben wir dann auch einen geeigneten Parkplatz gefunden, in der Nähe, welch Überraschung, ein Strand; Omaha Beach. Keine Angst wir sind nicht extra in die Normandie gefahren, sondern in einen kleinen Ort, in welchem fast jeder Bewohner Aucklands, der ein Einkommen im zweistelligen Millionenbetrag hat, eine luxuriöse Wochenend- bzw. Sommervilla besitzt. Hier mal wieder ein Strandbild:

Unser Abendbrot bestand aus Käsebrötchen mit Salami und ein paar Tui, eine ungewöhnlich leckere Kombination. Auf diesen Tag wurde dann erst einmal angstoßen.

Die Nacht war weniger angenehm. Aber nach gefühlten vier Stunden Schlaf und unserem Abendbrot als Frühstück, ging es dann am nächsten Morgen langsam wieder in Richtung Helensville. Unterwegs haben wir zwar noch ein paar Strände und Halbinseln, aus dem Auto und zu Fuß, bewundern können, aber durch unfassbare Schönheit zeichnen sich die geschossenen Fotos nicht unbedingt aus, deshalb verzichte ich darauf an dieser Stelle lieber. Um zwei Uhr nachmittags war ich dann wieder bei „meinen“ Behinderten und habe ein wenig Schlaf aufgeholt, war ja nötig.

Dass war dann auch schon mein kleiner Bericht über meine zwei freien Tage, ich hoff mal ich konnte diese teilweise einzigartigen Momente ein wenig nach Deutschland transportieren. Eigentlich sollte dieser Eintrag noch etwas länger werden, aber der Bericht über meine Möglichkeiten der Mobilität am anderen Ende der Welt folgt nächste Woche. Jetzt geht’s nach Auckland, genauer in einer viertel Stunde. Was ich da genau mache? Beim nächsten Mal.

Nur noch so viel. Ich habe mich endlich getraut. Am letzten Dienstag war ich nach Jahrzehnten mal wieder beim Friseur, dass ständige Haare aus dem Sichtfeld streifen hat ganz schön genervt. Passend zu Halloween hier also noch etwas zum Gruseln.

Einen besinnlichen Reformationstag euch allen!

Bis nächste Woche!!

Grüßt die Kiwis!!!

Euer Michi

Montag, 19. Oktober 2009

23 Minute.

Nachdem ich das Wahldesaster und den dann doch nicht eingeschlagenen Tsunami überstanden habe, wird es mal wieder höchste Zeit ein Lebenszeichen von mir zu geben. Ersteres musste ich um 4 Uhr morgens miterleben, der anschließende Tag hat von mir dann selbstverständlich kein einziges Lächeln bekommen und soll auch nicht weiter Erwähnung finden, zweiteres habe ich erst von zu Hause aus erfahren, als ich morgens mit meiner Mutter geskypt habe. Danach bin ich gleich erst einmal ins Wohnzimmer um genaueres zu erfahren; Tsunami in Neuseeland? Wo? Wie? Warum? Dort hat mich dann meine ganze Hausbesatzung vor dem Fernseher etwas aufgebracht begrüßt. Meine Housleaderin beruhigte mich jedoch gleich, Epizentrum ca. 2.000 km entfernt, für Neuseeland erwartet man nur ein kleines „Wellchen“, also bin ich gleich wieder ins Bett, meinen freien Tag wollte ich mir nicht durch Panikmache nehmen lassen. Als ich dann um 12 Uhr aufgestanden bin und mich an meinen Frühstückstisch setzen wollte, war die Stimmung meiner Housleaderin deutlich betrübter. Sie hatte Freunde in Samoa, welches vom Tsunami am meisten betroffen war, leider ist die halbe Familie umgekommen, so klein kann die Welt manchmal sein.


Vor einer Woche hatte ich zum zweiten Mal meine vier freien Tage, um die es jetzt nun gehen soll. Wobei dass nicht ganz richtig ist, ich habe kurzer Hand entschlossen, aus den vier drei freie Tage zu machen, um im November etwas größeres zu unternehmen. So bin ich also letzte Woche Donnerstag nach Auckland um dort ein „neues“ Auckland für mich zu entdecken. Bis zu diesen Tagen war meine Meinung von Auckland eher durchwachsen bis dürftig, vor allem was das Zentrum betrifft. Dieses erfüllt gleich drei „Aufgaben“; zum einen ist es direkt am größten Hafen Neuseelands gelegen, andererseits ragen in diesem die riesigen Bankgebäude in die Höhe und zu guter letzt ist es auch das Herz des Neuseeländischen Shoppings. Wobei man sich davon nicht allzu viel versprechen darf, es gibt eine richtige Shoppingstraße, die Queen Street und das wars. Keine Fußgängerzone oder ein paar kleine Gassen, nichts. Zur Verteidigung Aucklands sei erwähnt, dass es die Europäer erst vor etwas mehr als 200 Jahren besiedelt haben und somit das komplette Mittelalter, samt beschaulichem Markplatz und Kirche, fehlt. Hier einmal ein Bild der Skyline aus der Vogelperspektive(was fürn Brüller) :

Aber irgendwo müssen die 1,3 Millionen Einwohner ja hin, deshalb gibt es haufenweise Vororte, diese haben dann wiederum ihr eigenes kleines Zentrum, was meistens durch immer die gleiche Shopping Mall gebildet wird, also nicht wirklich spannend. Was aber positiv am Stadtbild ist: es gibt fast keine verdreckten und verkommenen ostdeutschen Plattenbauten, sondern viele kleine Einfamilienhäuser. So viel also nun zum Telekolleg Auckland. Tagsüber wollte nun ich die größte Stadt Neuseelands etwas näher entdecken und abends mich mit ein paar anderen Freiwilligen treffen. Gesagt getan.

Nachdem ich am späten Donnerstagnachmittag in der „City of Sails“ ankam, habe ich zu allererst einen auf Mr. (europäische) Kultur gemacht. Das Auckland Philharmonia Orchestra hat in der „Town Hall“ vier verschiedene Stücke von vier verschiedenen deutschen bzw. französischen Komponisten (für Interessierte: Mendelssohn, Schumann, Saite und Bizet) gespielt, da ich mich in der Beurteilung dieser Musikrichtung von anderen Mitmenschen meiner Generation etwas unterscheide seid bitte nicht darüber verwundert, wenn ich diese zwei Stunden als die besten seit meiner Ankunft bezeichne. Es hat einfach alles gepasst, was auch den Kartenpreis betrifft, ca. 20 € für Reihe drei, Gott segne den alten verhunzten, ungültigen und in zwei Stücke geteilten Schülerausweis. Nach diesem wunderbaren Erlebnis habe ich mich mit Malte, dem im Monat zuvor schon besuchten deutschen Freiwilligen, auf ein herrliches Guinness in ein Pub begeben. Genächtigt habe ich zweimal in einem Backpacker Hostel. Dass ist die modernere Form einer Jugendherberge, das preisgünstigste was man in jeder Stadt finden kann. Etwas mehr als 9 € die Nacht inklusive Dusche, einem etwas ungemütlichen Bett und ein wenig Ranz, wobei dieser, in erträglicher Form, sogar seinen Charme haben kann. Ich mag diese Art der Unterkunft sehr und werde sie in Zukunft wohl sehr häufig nutzen. Von den vier Betten im meinem Zimmer war nur ein weiteres belegt, ein Engländer. Als ich morgens um acht aufgestanden bin ist der übrigens ins Bett gegangen.

Freitagmorgen ging es auf eine kleine, im Hafen Aucklands vorgelagerte, Insel, Rangitoto Island, die vornehmlich durch einen Vulkan gebildet wird. Auckland wurde auf ca. 50 kleinen Vulkanen erbaut, manche ragen über zweihundert Meter in die Höhe, fast alle sind ausgestorben, fast alle. Der letzte Vulkanausbruch ereignete sich vor 600 Jahre, auf eben Rangitoto Island, bzw. entstand die Insel durch diesen, der Vulkan ist immer noch aktiv und die Chance das er in den nächsten Jahren ausbricht wird auf 1 zu 1000 geschätzt. Der Gipfel ist 260 Meter hoch und ohne Probleme in einer Stunde zu erklimmen. An guten Tagen hat man eine perfekte Aussicht auf ganz Auckland und Umgebung, auf Grund meiner Anwesenheit blieb diese den anderen Menschen versagt, es war ganz schön misty. Hier einmal ein paar Eindrücke.

Ausbruch vor ca. 600 Jahren; da wurden in Deutschland die ersten Hexen verbrannt.

Ausblick auf Auckland.

Merkwürdige Nachkommen der Affen traf man dort auch an.

Auf dem Gipfel traf ich dann eine junge, wandererprobte Australiern, die wohl gedacht hat, dass ich mein ganzes Leben schon auf dieser Insel verbringe, um mich vor dem Hungertod zu retten hat sie mir dann ein paar Crackers angeboten. Den anschließenden „Abstieg“ haben wir uns über Gott und die Welt unterhalten, sie ist dann zur nächsten Insel gefahren, ich zurück zum Hafen. Dort angekommen sprang mir sofort, auf einem kleinen Zelt hängend, eine altbekannte Fahne von einem weit entfernten Land entgegen, es handelte sich um die des Freistaat Bayerns. An diesem Stand wurden von Thüringer, Frankfurter bis zur Weißwurst gute deutsche Fleischwaren verkauft, da konnte auch ich nicht Nein sagen. Empfangen wurde ich allerdings nicht von einer, in Dirndl gekleideten, bayrischen Mutti, sondern einem schottischen (entschuldigt Bitte die Bezeichnung) Mannsweib, welche mir gleich ihre ganze Lebensgeschichte erzählt hat, egal die Wurst war köstlich. Als ich dann in meinem Hostel ankam ist mein englischer Zimmerkollege gerade aufgestanden und hat sich mit mir dann fast zwei Stunden über Fußball unterhalten. Wir beide waren ganz froh endlich mal wieder unter Gleichgesinnten zu sein, er kannte sich bestens über den deutschen Fußball aus und konnte mir gleich sagen, dass Energie Cottbus letzte Saison abgestiegen ist und den ganzen Balkan unter Vertrag hat, wobei dass ja jetzt auch nicht mehr ganz stimmt. Wie auch immer, nachmittags hab ich mich dann wieder mit Malte getroffen, nach leckeren Spaghetti haben wir uns abermals ins Aucklander Nachtleben „gestürzt“. Diesmal hatten wir uns mit weiteren Freiwilligen verabredet, und meine Leber durfte endlich wieder in den Genuss eines guten Tuis kommen.

Am nächsten Vormittag habe ich mit meinen Füßen eine weitere Wanderung unternommen. Ziel war der Aucklander Ortsteil Devonport, auf dem sich ebenfalls zwei kleine, allerdings ausgestorbene, Vulkane befinden. Devonport ist ein sehr idyllischer, im Vergleich zum hektischen Stadtleben Aucklands, fast schon ausgestorbener Ort der viele kleine Kunstgalerien und Büchereien zu bieten hat, die von mir auch ausreichend frequentiert wurden. Auch von Devonport ein paar Bilder.

Das ist Devonport (am besten erreicht man es mit der Fähre).

Devonport Beach.

Den kennen wir doch irgendwo her (im Hintergrund Rangitoto).

Nachdem ich dort mehr Zeit verbracht hatte als eigentlich geplant, ging es in Auckland City noch auf einen Cafe mit Malte und anschließend wieder ins gute alte Helensville. Dass waren dann auch schon meine drei freien Tage, an denen ich die „City of Sails“ etwas besser kennen und schätzen gelernt hab. Die November- Tage werfen auch schon ihren Schatten voraus. Am Wochenende kamen per Post zwei Tickets für ein Fußballspiel in Wellington. Besser gesagt es ist DAS Fußballspiel, die Medien haben es zu „Neuseelands Spiel des Jahrhunderts“ auserkoren, man erwartet Rekordeinschaltquoten, es wird das meistbesuchte Fußballspiel in der Geschichte des neuseeländischen Fußballs, es treten sich gegenüber; Neuseeland und Bahrain. Wer gewinnt fährt zur WM nach Südafrika im nächsten Jahr (das Hinspiel endete 0:0), was für die Kiwis ein Weltereignis wäre, das letzte Mal waren sie 1982 dabei. Wie schon mal an anderer Stelle erwähnt, Fußball genießt hier ungefähr einen Ruf wie Rhythmische Sportgymnastik in Deutschland, den bisherigen Zuschauerrekord von 35.000 Zuschauern hält wenn man so will David Beckham, er war vor zwei Jahren mit seinem amerikanischen Klub zu einem Freundschaftsspiel bei den Wellington Phoenix (so etwas wie der FC Bayern München Neuseelands).

Natürlich möchte ich euch aber nicht so lange auf einen weiteren Eintrag warten lassen. Ich werde mich zwischendurch mal melden und z.B. über eine ganz spannende Sache berichten; das Fahren auf der linken Seiten, wie aufregend. Übermorgen ist übrigens schon das erste Viertel meines Jahres absolviert, wie die Zeit vergeht und heute vor vier Monaten gabs Abi- Zeugnisse, amazing.

Eine zeitlose Woche euch allen!

Bis demnächst!!

Grüßt die Kiwis!!!

Euer Michi