Montag, 19. Oktober 2009

23 Minute.

Nachdem ich das Wahldesaster und den dann doch nicht eingeschlagenen Tsunami überstanden habe, wird es mal wieder höchste Zeit ein Lebenszeichen von mir zu geben. Ersteres musste ich um 4 Uhr morgens miterleben, der anschließende Tag hat von mir dann selbstverständlich kein einziges Lächeln bekommen und soll auch nicht weiter Erwähnung finden, zweiteres habe ich erst von zu Hause aus erfahren, als ich morgens mit meiner Mutter geskypt habe. Danach bin ich gleich erst einmal ins Wohnzimmer um genaueres zu erfahren; Tsunami in Neuseeland? Wo? Wie? Warum? Dort hat mich dann meine ganze Hausbesatzung vor dem Fernseher etwas aufgebracht begrüßt. Meine Housleaderin beruhigte mich jedoch gleich, Epizentrum ca. 2.000 km entfernt, für Neuseeland erwartet man nur ein kleines „Wellchen“, also bin ich gleich wieder ins Bett, meinen freien Tag wollte ich mir nicht durch Panikmache nehmen lassen. Als ich dann um 12 Uhr aufgestanden bin und mich an meinen Frühstückstisch setzen wollte, war die Stimmung meiner Housleaderin deutlich betrübter. Sie hatte Freunde in Samoa, welches vom Tsunami am meisten betroffen war, leider ist die halbe Familie umgekommen, so klein kann die Welt manchmal sein.


Vor einer Woche hatte ich zum zweiten Mal meine vier freien Tage, um die es jetzt nun gehen soll. Wobei dass nicht ganz richtig ist, ich habe kurzer Hand entschlossen, aus den vier drei freie Tage zu machen, um im November etwas größeres zu unternehmen. So bin ich also letzte Woche Donnerstag nach Auckland um dort ein „neues“ Auckland für mich zu entdecken. Bis zu diesen Tagen war meine Meinung von Auckland eher durchwachsen bis dürftig, vor allem was das Zentrum betrifft. Dieses erfüllt gleich drei „Aufgaben“; zum einen ist es direkt am größten Hafen Neuseelands gelegen, andererseits ragen in diesem die riesigen Bankgebäude in die Höhe und zu guter letzt ist es auch das Herz des Neuseeländischen Shoppings. Wobei man sich davon nicht allzu viel versprechen darf, es gibt eine richtige Shoppingstraße, die Queen Street und das wars. Keine Fußgängerzone oder ein paar kleine Gassen, nichts. Zur Verteidigung Aucklands sei erwähnt, dass es die Europäer erst vor etwas mehr als 200 Jahren besiedelt haben und somit das komplette Mittelalter, samt beschaulichem Markplatz und Kirche, fehlt. Hier einmal ein Bild der Skyline aus der Vogelperspektive(was fürn Brüller) :

Aber irgendwo müssen die 1,3 Millionen Einwohner ja hin, deshalb gibt es haufenweise Vororte, diese haben dann wiederum ihr eigenes kleines Zentrum, was meistens durch immer die gleiche Shopping Mall gebildet wird, also nicht wirklich spannend. Was aber positiv am Stadtbild ist: es gibt fast keine verdreckten und verkommenen ostdeutschen Plattenbauten, sondern viele kleine Einfamilienhäuser. So viel also nun zum Telekolleg Auckland. Tagsüber wollte nun ich die größte Stadt Neuseelands etwas näher entdecken und abends mich mit ein paar anderen Freiwilligen treffen. Gesagt getan.

Nachdem ich am späten Donnerstagnachmittag in der „City of Sails“ ankam, habe ich zu allererst einen auf Mr. (europäische) Kultur gemacht. Das Auckland Philharmonia Orchestra hat in der „Town Hall“ vier verschiedene Stücke von vier verschiedenen deutschen bzw. französischen Komponisten (für Interessierte: Mendelssohn, Schumann, Saite und Bizet) gespielt, da ich mich in der Beurteilung dieser Musikrichtung von anderen Mitmenschen meiner Generation etwas unterscheide seid bitte nicht darüber verwundert, wenn ich diese zwei Stunden als die besten seit meiner Ankunft bezeichne. Es hat einfach alles gepasst, was auch den Kartenpreis betrifft, ca. 20 € für Reihe drei, Gott segne den alten verhunzten, ungültigen und in zwei Stücke geteilten Schülerausweis. Nach diesem wunderbaren Erlebnis habe ich mich mit Malte, dem im Monat zuvor schon besuchten deutschen Freiwilligen, auf ein herrliches Guinness in ein Pub begeben. Genächtigt habe ich zweimal in einem Backpacker Hostel. Dass ist die modernere Form einer Jugendherberge, das preisgünstigste was man in jeder Stadt finden kann. Etwas mehr als 9 € die Nacht inklusive Dusche, einem etwas ungemütlichen Bett und ein wenig Ranz, wobei dieser, in erträglicher Form, sogar seinen Charme haben kann. Ich mag diese Art der Unterkunft sehr und werde sie in Zukunft wohl sehr häufig nutzen. Von den vier Betten im meinem Zimmer war nur ein weiteres belegt, ein Engländer. Als ich morgens um acht aufgestanden bin ist der übrigens ins Bett gegangen.

Freitagmorgen ging es auf eine kleine, im Hafen Aucklands vorgelagerte, Insel, Rangitoto Island, die vornehmlich durch einen Vulkan gebildet wird. Auckland wurde auf ca. 50 kleinen Vulkanen erbaut, manche ragen über zweihundert Meter in die Höhe, fast alle sind ausgestorben, fast alle. Der letzte Vulkanausbruch ereignete sich vor 600 Jahre, auf eben Rangitoto Island, bzw. entstand die Insel durch diesen, der Vulkan ist immer noch aktiv und die Chance das er in den nächsten Jahren ausbricht wird auf 1 zu 1000 geschätzt. Der Gipfel ist 260 Meter hoch und ohne Probleme in einer Stunde zu erklimmen. An guten Tagen hat man eine perfekte Aussicht auf ganz Auckland und Umgebung, auf Grund meiner Anwesenheit blieb diese den anderen Menschen versagt, es war ganz schön misty. Hier einmal ein paar Eindrücke.

Ausbruch vor ca. 600 Jahren; da wurden in Deutschland die ersten Hexen verbrannt.

Ausblick auf Auckland.

Merkwürdige Nachkommen der Affen traf man dort auch an.

Auf dem Gipfel traf ich dann eine junge, wandererprobte Australiern, die wohl gedacht hat, dass ich mein ganzes Leben schon auf dieser Insel verbringe, um mich vor dem Hungertod zu retten hat sie mir dann ein paar Crackers angeboten. Den anschließenden „Abstieg“ haben wir uns über Gott und die Welt unterhalten, sie ist dann zur nächsten Insel gefahren, ich zurück zum Hafen. Dort angekommen sprang mir sofort, auf einem kleinen Zelt hängend, eine altbekannte Fahne von einem weit entfernten Land entgegen, es handelte sich um die des Freistaat Bayerns. An diesem Stand wurden von Thüringer, Frankfurter bis zur Weißwurst gute deutsche Fleischwaren verkauft, da konnte auch ich nicht Nein sagen. Empfangen wurde ich allerdings nicht von einer, in Dirndl gekleideten, bayrischen Mutti, sondern einem schottischen (entschuldigt Bitte die Bezeichnung) Mannsweib, welche mir gleich ihre ganze Lebensgeschichte erzählt hat, egal die Wurst war köstlich. Als ich dann in meinem Hostel ankam ist mein englischer Zimmerkollege gerade aufgestanden und hat sich mit mir dann fast zwei Stunden über Fußball unterhalten. Wir beide waren ganz froh endlich mal wieder unter Gleichgesinnten zu sein, er kannte sich bestens über den deutschen Fußball aus und konnte mir gleich sagen, dass Energie Cottbus letzte Saison abgestiegen ist und den ganzen Balkan unter Vertrag hat, wobei dass ja jetzt auch nicht mehr ganz stimmt. Wie auch immer, nachmittags hab ich mich dann wieder mit Malte getroffen, nach leckeren Spaghetti haben wir uns abermals ins Aucklander Nachtleben „gestürzt“. Diesmal hatten wir uns mit weiteren Freiwilligen verabredet, und meine Leber durfte endlich wieder in den Genuss eines guten Tuis kommen.

Am nächsten Vormittag habe ich mit meinen Füßen eine weitere Wanderung unternommen. Ziel war der Aucklander Ortsteil Devonport, auf dem sich ebenfalls zwei kleine, allerdings ausgestorbene, Vulkane befinden. Devonport ist ein sehr idyllischer, im Vergleich zum hektischen Stadtleben Aucklands, fast schon ausgestorbener Ort der viele kleine Kunstgalerien und Büchereien zu bieten hat, die von mir auch ausreichend frequentiert wurden. Auch von Devonport ein paar Bilder.

Das ist Devonport (am besten erreicht man es mit der Fähre).

Devonport Beach.

Den kennen wir doch irgendwo her (im Hintergrund Rangitoto).

Nachdem ich dort mehr Zeit verbracht hatte als eigentlich geplant, ging es in Auckland City noch auf einen Cafe mit Malte und anschließend wieder ins gute alte Helensville. Dass waren dann auch schon meine drei freien Tage, an denen ich die „City of Sails“ etwas besser kennen und schätzen gelernt hab. Die November- Tage werfen auch schon ihren Schatten voraus. Am Wochenende kamen per Post zwei Tickets für ein Fußballspiel in Wellington. Besser gesagt es ist DAS Fußballspiel, die Medien haben es zu „Neuseelands Spiel des Jahrhunderts“ auserkoren, man erwartet Rekordeinschaltquoten, es wird das meistbesuchte Fußballspiel in der Geschichte des neuseeländischen Fußballs, es treten sich gegenüber; Neuseeland und Bahrain. Wer gewinnt fährt zur WM nach Südafrika im nächsten Jahr (das Hinspiel endete 0:0), was für die Kiwis ein Weltereignis wäre, das letzte Mal waren sie 1982 dabei. Wie schon mal an anderer Stelle erwähnt, Fußball genießt hier ungefähr einen Ruf wie Rhythmische Sportgymnastik in Deutschland, den bisherigen Zuschauerrekord von 35.000 Zuschauern hält wenn man so will David Beckham, er war vor zwei Jahren mit seinem amerikanischen Klub zu einem Freundschaftsspiel bei den Wellington Phoenix (so etwas wie der FC Bayern München Neuseelands).

Natürlich möchte ich euch aber nicht so lange auf einen weiteren Eintrag warten lassen. Ich werde mich zwischendurch mal melden und z.B. über eine ganz spannende Sache berichten; das Fahren auf der linken Seiten, wie aufregend. Übermorgen ist übrigens schon das erste Viertel meines Jahres absolviert, wie die Zeit vergeht und heute vor vier Monaten gabs Abi- Zeugnisse, amazing.

Eine zeitlose Woche euch allen!

Bis demnächst!!

Grüßt die Kiwis!!!

Euer Michi

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