Morgen ist nun der Tag gekommen, der Tag der mir von Agnes schon seit 4 Monaten wie eine Art Mantra vorgehalten wurde, jedes Mal wenn sie mich einer anderen Person, ihren "Freunden" (alle Menschen die sie beim Namen kennt sind, bezeichnet sie als solche) vorgestellt hat; "That's Michael, he is from Germany, he is leaving on the 19th", ihr Gesprächspartner:"Oh is he, in September or when?", Agnes wieder: "No December, eh Michael, you are leaving in December, aren't you?" "Yes Agnes, still three months to go." An diesem Grundaufbau meiner Vorstellung durch Agnes hat sich im Großen und Ganzen nichts verändert, höchstens die Anzahl der Monate und seit ein paar Tagen hat sie auch noch einen Satz hinzugefügt, aber dazu später mehr.
Wie ihr seht, der Weihnachtsmann hat den Osterhasen also wieder deutlich überholt und es ist nur noch eine Woche bis zum heiligen Fest, da ich mich mit meinen Füßen ja auf einem früheren Kolonialgebiet Großbritanniens befinde, wird Weihnachten erst richtig am 25. gefeiert, wobei die Menschen in meiner Umgebung das nicht so ernst nehmen, es werden jetzt schon munter Karten versandt und Geschenke vergeben. Bei mir selber ist jedoch noch keine großartige Weihnachtsstimmung zu erkennen, was wohl ganz einfach zu begründen ist; es riecht nicht und es fühlt sich nicht nach Weihnachten an. Ich hab kein einziges Mal den Duft eines Räuchermännchen verspüren dürfen, kein einziger Schwibbogen erstrahlt die Fenster, die Menschen laufen in Flipflops anstatt in dicken Winterstiefeln, sie tragen Sonnenbrille, bauchfreie Shirts und kurze Hosen, anstatt Handschuhe, Schal und Wollkragenpullover. Weihnachten im Sommer, klingt komisch und ist es auch. Ich mag es nicht unbedingt. Mir kam die große Ehre zu Gute unser Haus weihnachtlich zu gestalten. Im Keller gab es zwei große Kartons, in denen sich hauptsächlich goldene Glitzergirlanden, lila Weihnachtskränze und jede Menge bunte Lichterketten befanden. Alles total Hässliche hab ich gleich in den Kartons gelassen, alles halbwegs hässliche hängt jetzt bei uns im Haus. Auch wurde ich beauftragt den Weihnachtsbaum aufzustellen und zu dekorieren. Ich habe noch einen so schrecklichen Weihnachtsbaum dekoriert, mögen es die 25 Grad sein, seine Zweige haben in alle Richtungen gezeigt, nur nicht in die richtigen. Auch musste ich Rachael davon abhalten lila Lametta bzw. überhaupt welches ran zu machen; meine Ausrede war "Äh, äh purple tinsel (englisch für Lametta) makes the tree ill", böser Junge, im Endeffekt hat sie es sein lassen. Hier das Resultat.
Nun zu dem schon eingangs erwähnten von Agnes seit ein paar Tagen immer öfter verwendeten Satz, er lautet: "He is coming back!" Seit Dienstag ist es offiziell, nach meinen sechs Wochen Reisezeit werde ich zu "meinen" Behinderten zurückkehren. Es ist eigentlich so üblich, dass ein Freiwilliger nach sechs Monaten sein Projekt wechselt, jedenfalls in Neuseeland. Seltsamerweise sind gerade im Mount Tabor Trust immer wieder Freiwillige, die jedoch ein ganzes Jahr bleiben, da gehöre ich nun auch dazu. Warum? Ich möchte das jetzt nicht groß ausschlachten, nur so viel; ich fühle mich unglaublich wohl in meiner Arbeit. Ich hätte das nach meiner ersten Woche nie für möglich gehalten, aber es ist wahr, die Leute, nicht nur die Behinderten, sind mir ein bisschen ans Herz gewachsen, ich hoffe nur, dass ich dann nach einem Jahr mit behinderten Menschen keine großartigen geistigen Schädigungen aufweise, so ein paar Macken hab ich ja schon. Die Entscheidung jedenfalls steht jetzt endlich, es hat etwas gedauert, da ich mir selber auch nicht hundertprozentig sicher war, aber wer weiß was für Abenteuer vom Februar bis zum Juli noch auf mich warten.
Da aber alles hier schon so ein bisschen auf Abschied eingestellt war, war für Donnerstag ein Farewell- Picknick geplant, daraus wurde eben ein Comeback- Picknick. Es ging mit der ganzen Sippe, außer Robbie (er sagte seinen traditionellen Satz, wenn es irgendwo hingeht: "I'm tired, I'm staying here and looking after place!"), zum Piha Beach, einem Strand in der Nähe von Auckland.
Der Van war trotz Robbies Abwesenheit gerammelt voll, da wir mehr Support Worker waren als Core People.
Auf dem Weg zum Piha Beach muss man durch eine Art Wildpark, den sogenannten Waitakere Ranges, da ich bislang noch kein Auto hatte konnte ich hier noch keine Wanderung unternehmen, wird aber dann im zweiten Halbjahr sicherlich nachgeholt. Man hat von hier auch eine sehr schöne Sicht auf die Skyline von Auckland.
Nach circa einer Stunde Fahrt waren wir endlich am Ziel angekommen, einem der angeblich schönsten und gefährlichsten Strände rund um Auckland. Er hielt was er versprach, zwar gabs schon einmal schönere, aber wir wollen ja nicht gleich meckern. Gefährlich ist der Strand, deshalb da die Strömung wohl sehr tückisch sein soll und man ganz schnell wegetrieben werden kann und man so auf einmal plötzlich einen der zahlreichen Felsen vor sich hat. Geprägt wird der Strand vom sogenannten "Lions Rock", überraschenderweise soll der kleine Hügel einen schlafenden Löwen darstellen; könnt ihr einen erkennen?
Am Fuße des Hügels angekommen wurde erst einmal Mittag gegessen.
Da achtundsiebzigjährige Zwillinge nach zwei Stunden ohne ihr Puzzel Entzugserscheinungen zeigen, mussten wir uns nach dem Lunch auch schon wieder los machen, ich konnte noch ganz schnell einen kleinen Pfad auf dem Hügel laufen, die Bilder von dort sind als nicht allzu besonders zu erachten. Nichtsdestotrotz war es sein sehr schöner Ausflug, auch wenn man mit Behinderten solch einen Trip nicht im vollem Umfang genießen kann, egal ich will mich ja nicht über mein Leben hier beschweren.
Schon gar nicht über das morgen beginnende. Sechs Wochen wird gereist, quasi gegen den Uhrzeigersinn, es geht nördlichen Auckland zum südlichsten Punkt der Südinsel und wieder zurück. Genaueres werde ich euch dann sicherlich von den sich bietenden Möglichkeiten berichten, wahrscheinlich vorerst ohne Fotos, Schaun ma mal.
Ich wünsche euch somit schon einmal geruhsame Weihnachten!
Auf hoffentlich bald!!
Grüßt die Kiwis!!!
Mit einem fast vollständigen Gruppenbild mit meinen Mitbewohnern verabschiedet sich
Euer Michi
(Von links: Agnes, Ron, Rachael, Hans- Wurst, Roy, Cathy (meine Houseleaderin))
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen