Mittwoch, 30. Juni 2010

Fever Pitch.


Ein geruhsames und nüchternes Willkommen an all die, die sich wieder einmal auf diese Internetseite verirrt haben. Mittlerweile bin ich nun schon wieder in meinem kleinen, gemütlichen, dreizehn Komma vier Quadratmeter großem Zimmer in Helensville angekommen und sitze schön warm eingewickelt auf meinem gepolsterten Drehstuhl und verfasse diesen Blog, mein Kopf befindet sich dabei in direktem Doppelpass mit dem Bildschirm meines Laptops und dem an meiner Wand angehefteten WM- Spielplan. Wie, am Freitag ist schon Viertelfinale? Fass ich ja nicht. Genauso kann ich es nicht fassen, dass meine zwölf Tage Südafrika schon einfach so vorbei sind. Einfach vorbei. Ich würde sie ja gerne irgendwie festhalten, aber jedes Mal entwischen sie mir wieder. Mit einem letzten Kraftakt greife ich nochmal nach ihnen und versuche die zweite Hälfte meiner kleinen Reise in ein paar Worte zu verpacken. Dieses Mal auch wieder mit den gewöhnlichen ä‘s, ö‘s, ü’s, diesem ß und ein bisschen mehr Zeit und Ruhe, beim Durchlesen meines letzten Eintrages hätte sich Konrad Duden wohl in seinem Grab umgedreht und zwar zweimal.

Geschichten aus dem deutschen Blog II.

Wo waren wir stehen geblieben? Richtig, mein letztes Lebenszeichen stieß ich aus einem weniger erwähnenswerten Internetcafe aus der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria ins world wide web. Nach dem Spiel der deutschen Mannschaft in Durban machte ich mich auf dem Weg nach Pretoria ins DFB- Fan Village. Da ich ja schon seit einiger Zeit, ein mehr oder weniger treues, Mitglied des DFB- Fanclub bin, dachte ich mir, dass so ein Fan- Village bestimmt was ganz lustiges sein wird, da trifft man ein paar seiner Landsleute, hat gute Gespräche bei südafrikanischem Mineralwasser und schaut dabei die anderen WM- Spiele. Nun ja, so war es ja eigentlich, fast. Das Village befand sich auf dem Gelände einer Universität (alle Studenten und Schüler in Südafrika hatten für den Zeitraum der WM frei) und der DFB- Fanclub hatte ein ganzes Gelände voller Studentenwohnungen gemietet. Dort hatte ich dann ein Einzelzimmer und ein leckeres Kantinenfrühstück inklusive. Das „Zentrum“ des Villages bestand aus einem zwanzig Mal dreizehn ein halb Meter großem Festzelt, in welchem zahlreiche Oktoberfest Tische und Sitzbänke die Bierbäuche von Frauen und Männern aushalten mussten, dazu gab es eine große Leinwand, welche zur Überraschung aller das ein oder andere Spiel dieser WM zeigte, eine Bar mit inklusivem Wurstausschank stand ebenfalls zur Verfügung. Es war schrecklich. Meine Zehen hatten noch nicht einmal indirekt Kontakt mit dem Holzboden des Zeltes gemacht, da wollte ich schon raus und einfach nur weg. In dem Zelt wurde bestialisch geraucht und die Lautstärke der Konversationen übertönte sogar den Lärm der Vuvuzelas des an die Leinwand projizierten Spiels. Die Bar fing an ab um zwölf das Bier auszuschenken und wie ich die folgenden Tage feststellte, standen die Hälfte meiner Landsleute schon Punkt zwölf Schlange und schauten ganz ungläubig auf ihre Uhr, na wo bleibt denn die Kellnerin? Aber es muss doch wenigstens ein paar Menschen gegeben haben mit denen du dich verstanden hast. Negativ. Der Durschnitt der Anwesenden lag bei circa achtunddreißig Komma sieben und viele haben mich einfach nur ignoriert. Das waren dann auch zum Großteil solche Art von Menschen, die ihre tägliche Informationssuppe aus dem Anzeigeblatt mit vier Buchstaben schlürfen und nach der Lektüre des größten Klopapiers der Welt dachten sie könnten Bundeskanzler werden. Ich war überrascht, dass das die „Bild“- Zeitung nicht vor Ort verkauft wurde. Mit dem ein oder anderen habe ich selbstverständlich schon gesprochen, aber wie dem auch sei. Nach dem jeweiligen Spieltag war natürlich noch längst nicht Schluss mit dem Bierkonsum, sondern es wurde bis weit in die Nacht rein gefeiert, aber ohne mich. Ich musste da einfach nur raus. So ging das drei ganze Tage lang, der „beste“ Ossi- Witz den ich übrigens gehört habe: „Was ist der Unterschied zwischen nem Sachsen und nem Türken? Der Türke hat Arbeit und spricht deutsch.“ Ich spürte einen barmherzigen Anflug von Erlösung als ich am Donnerstag das Camp verlassen habe. Diese Zeit hättest du auch besser nutzen können!


Du bist Deutschland?

Nächste Etappe meiner Reise: Port Elizabeth. Von Pretoria benötigt man nach PE ungefähr siebzehn Stunden mit dem Bus, ich hatte also meinen Spaß. Dort angekommen wurde erste einmal ordentlich gefrühstückt und Zeitungsschau betrieben, hier zwei Schlagzeilen (links ist die Titelseite):

„Deutschland über alles…“ und rechts kann sich jeder denken was das heißt.

Nach dieser durchaus aufschlussreichen Lektüre machte ich mich auf zum Stadion, dem Nelson Mandela Bay Stadium. Was für ein Name. Das Stadion war ok, hat mich ein bisschen an Hoffenheim erinnert, nur das die Sitze rot waren. However, das Spiel war ja nun nicht unbedingt der Brüller, aber so unglücklich war ich darüber gar nicht. Da wurde die deutsche Elf gleich von ihrer Wolke siebenundvierzig runtergeholt und das ist auch gut so.

Nelson Mandela Bay Stadium.

Einfach immer optimistisch diese Südafrikaner.

Ein enttäuschter GerMAN.

Anschließend musste ich auch gleich wieder mit dem Nachtbus nach Johannesburg zurück, PE liegt auf fünf Uhr, also ziemlich am Arsch der Welt und ich hatte noch einiges vor mir. Der Plan war nach meiner Ankunft in Johannesburg eine Stunde später mit dem Bus in die nächste Stadt zu fahren, Ticket selbstverständlich schon in der Tasche, aber dennoch skeptisch ob wir pünktlich da sein werden, die ein oder andere Erfahrung in Sachen Pünktlichkeit durfte ich ja schon machen. So kam es dann auch. Als ich morgens um sechs aus einem ziemlich angenehmen Schlaf erwachte schallte es aus den Lautsprechern: „Good morning Ladies and Gentleman. We are having a delay of about three hours. The bus driver drove the wrong way.” Supa. Drei Stunden Verspätung. In Johannesburg wurde dann gezwungenermaßen auf einen Minibus umgestiegen, der aber von deutlich größerer Modernität gesegnet war, als meine vorherigen. Eine Fahrt nach Nelspruit, circa vierhundert. Kilometer kostete mich siebenhundert Rand, achtzehn Euro, konnte ich gerade noch verschmerzen. Nelspruit liegt im Nordosten Südafrikas, bis nach Mozambique ist es nicht mehr weit. Größter Touristenmagnet ist der Krüger- Nationalpark, vierundfünfzig Kilometer entfernt. Dabei handelt es sich um das größte Wildschutzgebiet Südafrikas, aber mehr dazu in a minute. Nach meiner Ankunft traf ich an der Bar des Backpackers einen Holländer aus Amsterdam, mit dem zum einen in doch erheblichen Maße die südafrikanische Bierindustrie unterstützt wurde und zum anderen stundenlang über Fußball gefachsimpelt wurde und das in Englisch, ich habe darauf bestanden, dass er nicht in Deutsch spricht (obwohl er es eigentlich gekonnt hätte), davon hatte ich erst einmal genug. Am Abend habe ich auch noch ganz spontan eine Tour für den Krügerpark am nächsten Tag gebucht, da wurde ein kleiner Traum wahr.

Elefant, Giraffe, Zebra und Co.

Mein mit Abstand bester Tag in Südafrika begann um vier Uhr dreiundzwanzig. In kompletter Dunkelheit und das ein oder andere Bier noch im Kopf schwebend machte ich mit einem Guide und zwei Amerikanern auf in den Krüger. Dieser besitzt eine Fläche von etwa zwanzigtausend Quadratkilometern und man kann ihn ihm so ziemlich alle Tiere sehen, die man ansatzweise von Südafrika erwartet. Da ich mich in meinem bisher noch nicht allzu langen Leben nicht als großer Biologe bzw. Tierkenner erwiesen habe, lasse ich in den folgenden Momenten mehr Bilder, denn Worte sprechen.


Ach so, nochmal zur Verdeutlichung. Man muss sich das so vorstellen, dass es in diesem Park allerhand „Straßen“ gibt, die man mit eigentlich jeglichen Fahrzeugen befahren kann, Aussteigen ist natürlich strengstens verboten. Wir fahren zum Beispiel unsere ersten Minuten nach Sonnenaufgang und das steht mitten auf der Straße ein Elefant, zwei Minuten später kommt eine Giraffe vorbei. Dann sehen wir für eine Stunde kein einziges Tier, dann bekommen wir eine große Herde von Impala zu Gesicht und so weiter, es hängt sehr viel vom Glück ab. Aber hier jetzt die Tierchen.

Benjamin hatte wohl gerade seinen Spaß.

Giraffe.

Ein Horde Büffel, garstige Tiere, es reichen drei um einen Löwen zur Strecke zu bringen.

Unsere Verwandten, im Hintergrund einige Impala.

Cute.

Das angeblich gefährlichste Tier der Welt.

Keine Sorge, eine dicke Holzbarriere hat uns voneinander getrennt.

Zum Schluss noch ein Zebra. So das wars mit den Tieren. Es gab noch etliche mehr, aber irgendwann ist auch einmal Schluss. Leider habe ich keinen Löwen gesehen, ich will mich an dieser Stelle aber nicht beschweren, für meine fünf Stunden im Park bin ich mehr als zufrieden und ich komme wieder, bestimmt. Ein weiteres Tier, welches nicht sich nicht vor meine Augen traute, war, genau ein Kiwi. Aber von diesen Geschöpfen sah ich im Laufe des Tages noch einige. Es stand das Spiel Italien gegen Neuseeland auf der Tagesordnung und meine Aufregung stieg von Minute zu Minute. Mit dem Holländer und seiner Freundin habe ich mich auf dem Weg zum recht schönen Mbombela Stadion gemacht. Das Stadiondach wird von Trägern in Giraffenform gestützt und war somit der Blickfang. Und das ist doch schon der erste Kiwi, oder?

Naja, zumindest ein halber. Die folgenden neunzig Minuten waren ohne weiteres die besten meiner persönlichen Weltmeisterschaft. Für zwanzig Minuten lag eine der größten WM- Überraschungen aller Zeiten in der Luft, ehe diese verdammten Italiener ihrem Ruf alle Ehre machten und durch die kalte Winterluft zu Fall gebracht wurden. Mein Unverständnis über diese Entscheidung habe ich auch auf der Tribüne zum Ausdruck gebracht, dabei sei angemerkt, dass nahezu mein ganzer Block aus Anhängern der Squadra Azzura bestand. Die letzten zehn Minuten hielt es mich dann auch nicht mehr auf meinem Sitz, ich bin rumgesprungen und hab geschrien und dann kam der Abpfiff, eine Erlösung. Ha, eins zu eins gegen den amtierenden Weltmeister. Wer hätte das gedacht.

All Whites!!! Der Coach rief dann erst einmal zum guten alten Auslaufen.

(Die letzte Teilnahme der Kiwis datiert aus dem Jahre 1982.)

Anschließend wurde einfach nur gefeiert. Das Gute, war das mich wirklich jeder für einen Kiwi gehalten hat und ich hab mich auch als ein solcher gefühlt, mit jedem wurde abgeklatscht und angestoßen. Unvergesslich. Die Nacht hätte kein Ende mehr nehmen können und ich kann auch gar nicht sagen wann sie es tat. Vielleicht hat dieser Abend auch etwas anderes in mir ausgelöst, aber nein darüber schreibe ich jetzt hier lieber nicht.

Bafana Bafana.

So musste es weiter gehen auf meiner Reise, denn nach dem Spiel ist ja vor dem Spiel und zwei an der Zahl standen noch an. Das Erste der beiden führte mich über Johannesburg nach Bloemfontein (genau, da hat unsere Ölf am Sonntag gespielt) zum letzten Spiel der südafrikanischen Nationalmannschaft. Die Bafana Bafana (Boys Boys) trat im letzten Gruppenspiel gegen Frankreich an. Ein ebenfalls einmaliges Spiel; zur Halbzeit war auf einmal das wohl größte Fußballwunder der WM- Geschichte möglich, aber am Ende hat es dann trotz Sieges nicht für Südafrika gereicht, Aus in der Vorrunde. Aber allein schon auf Grund der Atmosphäre hat sich dieses Spiel absolut gelohnt. Fast jeder hatte eine der legendären Vuvuzelas mit dabei. Und ich muss den Südafrikanern wirklich ein dickes Lob machen. Am Anfang des Turniers wurde von den meisten ziemlich lustlos in diese Tröte rein geblasen und vielen ist das ja auf den Senkel gegangen, aber im Laufe der WM haben sie sich wirklich verbessert. Da wurde dann im Rhythmus getrötet, so ähnlich wie rhythmisches Klatschen, oder einer gab den Ton vor und alle folgten ihm dann. Ich hab jetzt übrigens auch eine, wollt ihr mal sehen:

Vuvuzela und der Verfasser.

Geschichten aus dem deutschen Blog III.

Am Tag danach, hieß es auch schon langsam Abschied nehmen, mein letzter WM- Tag und als Abschluss die deutsche Elf im Soccer City Stadion von Johannesburg, dem größten der WM. Als ich dieses betrat war ich einfach nur sprachlos. Auf dem ersten Blick könnte man schätzen, dass du einer von fünfzigtausend bist, ich wusste es aber besser, es sind dann doch neunzigtausend, überwältigend. Circa achtzig Prozent der Besucher waren natürlich für Ghana, das gab dem Spiel dann doch einen ganz besonderen Reiz. Das Spiel war nicht unbedingt schön, aber erfolgreich und so musste es an diesem Abend einfach mal sein. Ein Wort noch zu meinen Landsleuten? Vielleicht auch zwei. Es wurde immer noch viel Kritik über die Vuvuzelas laut; „Sing, don’t blow“ hat einer auf ein Plakat geschrieben. Dann wird immer angebracht, dass man sein Team doch gar nicht richtig unterstützen kann bei diesem ganzen Getröte. Seit wann sind den die Anhänger der deutschen Mannschaft eigentlich für neunzig minütigen, ununterbrochenen Support bekannt? Außer, dem arg auf die Nerven gehenden, „Deutschlaaaaand, Deutschlaaaaaand, Deutschlaaaaand,usw.“ kommt doch da auch nichts wirklich überzeugendes. Dazu gibt es noch das Problem, dass die meisten mitgereisten Fans, zwischen fünfunddreißig und vierzig sind, am besten noch ihre Frau (sorry, das ist jetzt nicht böse gemeint) mitgebracht haben, zwar neunzig Minuten stehen, aber ihren Mund dann doch nicht aufbekommen. Aber sich über die Vuvuzelas beschweren. Ich freu mich schon auf die WM in Brasilien in vier Jahren; neunzig Minuten Sambaklänge.

So das war sie nun meine ganz persönliche Weltmeisterschaft. Ich muss mich ja eigentlich schämen. Als Besitzer eines Passes der Bundesrepublik Deutschland habe ich bisher noch keine generelle Aussage zum Wetter getroffen. Ich bitte um Verzeihung. Über die zwölf Tage herrschte tagsüber herrlicher Sonnenschein. Es hing natürlich davon ab, in welchem Teil Südafrikas man sich befindet, aber trotz Sonne war es recht frisch. Warum? Rischitsch. Es herrscht Winter am Kap. Das kam man besonders abends zu spüren, da ging es dann auch mal ordentlich in die Minusgerade.

Durban – die Stadt mit den zwei Jahreszeiten; Sommer und Sommer.

Und die Landschaft? Naja, so viel hab ich nun auch nicht gesehen. Leider ist gerade Trockenzeit, sodass es recht braun aussah, außerdem gab es jede Menge Buschfeuer und abgemagerte Kühe. Ich komme auf jeden Fall wieder, dann im Sommer bestimmt und ein Trip nach Kapstadt ist dann auch Pflicht. Ein Wort noch zu den Südafrikanern. Sie haben wirklich eine tolle WM organisiert. Es mag zwar nicht alles immer einhundert Protzend glatt laufen, aber darauf stellt man sich einfach ein und wartet eben auf den Shuttle vom Stadion in die City noch einmal zwanzig Minuten. Und dann diese Begeisterung und Gastfreundlichkeit. Jedem Südafrikaner hat man es angesehen, dass er unheimlich stolz ist diese WM auszurichten. Egal ob Schwarzer, Weißer oder Bure (bitte verzeiht mir, wenn ich da jetzt politisch nicht ganz korrekt bin) sie standen vollkommen hinter ihrem Land. Ich hoffe nur, dass sich diese Einigkeit auch nach der WM fortsetzen wird. Es werden sicherlich viele, vor allem Straßenhändler enttäuscht werden, da sie sich sicher das große Geschäft erwartet haben. Einen Teil hat die FIFA dazu beigetragen, aber wenn ich jetzt anfange mich über den Weltfußballverband zu beschweren kennt die Nacht kein Morgen mehr, oder so ähnlich.

Ich hatte jedenfalls eine tolle Zeit. Punkt. Diese werde ich hoffentlich auch noch in Neuseeland haben. Verdammte zwei Wochen sind noch übrig und die Vorfreude auf zu Hause ist noch nicht wirklich existent. Kommt noch. Da ich mit diesem Blogeintrag nun auch schon kurz vor dem Elfmeterschießen stehe beende ich ihn jetzt.

Lasst uns alles Gute wünschen für Samstagnachmittag bzw. Sonntagmorgen!

Ich hoffe euch geht es allen gut!!

Grüßt die Kiwis!!!

Euer Michi

Dienstag, 15. Juni 2010

TiA.

Wer will mitkommen auf eine Reise? Eine Reise, die mich nach langer Zeit wieder aus meinem eingeoedeten, fast schon verkrusteten Alltag heraus in eine komplett andere Welt katapultiert. Eine Reise, die von langer Hand geplant wurde und mir dennoch bis zum Startschuss Bauchschmerzen bereitet hat. Eine Reise, die bei manch einem Kopfschuetteln, Entsetzten oder vielleicht doch etwas Begeisterung hervorrufen wird. Die Reise beginnt am vergangenen Freitag, dreizehn Uhr zwanzig neuseelaendischer Zeit, als Startpunkt gilt der International Airport Auckland. Dass ich an gleicher Stelle in gut einem Monat endgueltig Abschied aus Neuseeland nehmen muss, ist mir in diesem Augenblick nicht bewusst, meine Gedanken sind nur von den mir vorliegenden Tagen vereinahmt. Um mein Reiseziel zu erreichen bedarf es einer kleinen Mammuttour in zwei Etappen. Die erste von beiden fuehrt mich nach einem oelf Stunden langen Flug zum zweiten Mal in eine asiatische Millionenmetropole, zum zweiten Mal jedoch erleuchtet die Skyline nur im Dunkel der Nacht. Aber schon Hong Kongs Flughafen laesst die Dimensionen dieser Stadt erkennen. Zum Durschnaufen bleibt bleibt keine Zeit, der Startschuss zur zweiten und laengeren Etappe faellt fast unmittelbar nach der Ankunft. Auf dem Weg zum „Boarding“ stelle ich fest wie gut einhundert Menschen sich vor einem Monitor scharen und gebannt verfolgen wie sich zweiundzwanzig jeweils in gelb und schwarz gekleidete Menschen einen Ball hin und herschieben, mich interessieren die gezeigten Geschehnisse nicht wirklich. Viel mehr bewegt mich wie ich die anstehenden vierzehn Stunden Flug meistern soll, zum Glueck bietet das Unterhaltungsprogramm der Fluggesellschaft ein paar anstaendige Filme. So vergeht dieser halbe Tag im wahrsten Sinne des Wortes wie im Flug. Die Maschine setzt zum Landeanflug auf eine sich noch in der Nacht befindlichen Stadt an. Obwohl, moegen die Wolkenkratzer noch in Dunkel gekleidet sein, kann man von weitem schon die Vorbotin der Tages erhahnen. Am Horizont erscheint ein roter Streifen, der sich ueber den gesamten Kontinent legt. Er gilt nicht nur als Abgesandter der Sonne, sondern auch fuer mich ganz persoenlich als Willkommensgruss fuer den wohl aufregendsten, kontrastreichsten und gefaehrlichsten aller Erdteile. This is Africa.

Derzeit befinde ich mich in einem Internetzentrum in der suedafrikanischen Haupstadt Pretoria. Leider habe ich nur eine begrenzte Zeit und schreibe alles was mir durch den Kopf rennt. Dazu kommt, dass ich keinte ae’s, oe’s, ue’s und aeh, dieses s- Zeichen nicht gibt, ich bitte um Verzeihung fuer die zahlreichen Rechtschreib- und Gramatikfehler.

Nach einer sanften Landung auf dem Johannesburger Flughafen und dem Abholen meines Backpacks gingen meine zwoelf, seit mehr als einem halben Jahr geplanten, Tage endgueltig und offiziell los. Zuerst wurde mit dem niegel, nagel, neuen Gautrain (da koennte sich die deutsche Bahn in Sachen Mondernitaet und Puenktlichkeit eine Scheibe abschneiden) in einen Vorort gefahren. Dort wurden meine Match- und Bustickets abgeholt und anschliessend wollte ich mit dem Bus ins Stadtzentrum. Die Zeit hatte ich brav und artig vorher rausgesucht, es galt nur noch den Abfahrtsort zu finden, was sich jedoch als aeusserst schwierig erwies. Ich hatte den Eindruck, dass niemand, noch nicht mal das Info- Personal eines Shopping Centres, so wirklich einen Plan hatte. „Busstop, hab ich schon mal gehoert, frag mich aber nicht wo das ist.“ Als ich nach gut einer Stunde den moeglichen Punkt gefunden habe, fragte ich, um auf Nummer sicher zu gehen, in einer davorliegenden Tankstelle nach der Abfahrtszeit: „What time is the bus going to depart?“ „Anytime.“ Nun gut, ich muss gestehen, dass ich mit so etwas ein wenig gerechnet habe, die Afrikaner sollen ja solche Sachen nicht so ganz ernst nehmen. Ich entschloss mich einfach auf den Bus zu warten. Inzwischen kam an der Haltestelle ein Deutscher mit seiner japanischen Freundin vorbei, die gerade die gleiche Erfahrung gemacht hatten wie ich. Nach weiteren dreissig Minuten des Wartens entschlossen wir uns ein Taxi anzuhalten. Die fahren hier durch alle Staedte und haben mehr oder weniger eine Busfunktion und sind verdammt billig; gestern kostete mich ein solches Taxi sieben Rand (Rand ist die suedafrikanische Waehrung, 1Euro = 9, 5 Rand). Eine Fahrt mit diesem Transportmittel ist eine Erfahrung fuer sich. Die Taxis besitzen die Groesse eines VW- Vans, haben alle schon den zweiten Burenkrieg von 1899 bis 1902 gesehen und koennen maximal fuenfzehn Personen transportieren. An diese Vorgabe haelt sich aber eigentlich niemand. Da hat die Mutti noch mindestens zwei Kinder auf dem Schoss, es wir sich zu fuenft in eine Reihe gedrueckt oder einfach zwischen Fahrer und Beifahrer gesetzt und der Fahrer zaehlt dauernd das nach ihm nach vorne gereichte Fahrgeld, egal wir kamen zu unserem gewuenschten Ziel.

Wobei wir mussten noch etwas laufen. Als wir ausgestiegen sind wurde ich geradezu von Menschen erschlagen. Ueber all wo man hinsah schwarzafrikanische Freunde und da man als Weisser ja etwas auffaellt starrten alle einen unentwegt an. Ein Mitfahrer des Taxis hatte einen Polizeihut auf und meinte er koenne uns zum Busbahnhof fuehren, unser Zielort. Naja, ich kann mir auch eine graue Perruecke aufsetzen und sagen ich heisse Nelson Mandela, die Skepsis blieb. Die wollte auch die folgenden Tage nicht entfliehen, muss ich mich dafuer schaemen? Ich fuehle mich jedenfalls ein bisschen schlecht damit. Wie auch immer, nachdem ich meinen Rucksack am Bahnhof abgegeben habe machte ich mich auf zum ersten Spiel, in den Ellis Park von Johannesburg. Ein vor allem durch das Rugby- Finale 1995 geschichtlich gepraegtes Stadion. Meine persoenliche WM begann also am zwoelften Juni um sechzehn Uhr mit dem Eroeffnungsspiel der Gruppe B Argentinien gegen Nigeria. Ich werde es unterlassen grossartige Spielberichte hinein zu stellen. Nur so viel: Es war ein sehr gutes Spiel, allein schon die Einzigartigkeit des Lionel Messi war das Eintrittsgeld wert, dazu noch ein Diego Armando Maradonna, der im gesamten Spiel vielleicht einundzwanizig Sekunden gesessen hat. Argentinien gewann voellig verdient mit eins zu null und zum ersten Mal tauchte ich in die einmalige Stimmung eines Fussballspiels auf afrikanischen Boden ein, dazu spaeter aber noch mehr.

Nach dem Spiel machte ich auf den Weg in einen Park, der das England- Spiel auf einem Grossbildschirm zeigte, irgendwie musste ich noch die Zeit bis zur Abfahrt des Busses rumbekommen. Im Park war nicht wirklich Public Viewing angesagt, im Grunde war ich der einzige, abgesehen von ein paar Ordnern. Als dann ein Afrikaner sich zu mir gesetzt hat kam gleich das ganze Ordnerpulk an und gesellte sich unaufaellig neben uns. Nach zwei Stunden kamen auch zwei Polizisten vorbei, die fragten wo ich denn hin will. Nach dem Nennen meines Weges, beschrieben sie mir einen anderen „sicheren“ Weg. Mitten in der Halbzeit tauchte aus dem nichts ein Van der Johannesburger Polizei auf, aus diesem stiegen mindestens fuenf in zivil gekleidete Polizisten aus und fragten mich ebenfalls wo ich hin will. Wieder meinen Weg beschrieben, die Polizisten meinten aber dann, dass ich egal welchen Weg ich laufen werde, so (der Polizist zeigte auf meine Sachen und meinen Rucksack) nicht rauskommen werde. Sie nahmen mich umgehend zum Busbahnhof und machten mir noch einmal deutlich klar nie Abends in Johannesburg rumzustreunern. Da war ich selber von mir erschrocken. Die ganze Aktion war leichtsinnig und naiv, bitte nie wieder Herr Graupner. Generell muss man aber sagen, dass die Sicherheit eigentlich gegeben ist. Ueberall sind irgendwo Polizisten anzutreffen und nehmen einen zumindestens eine Sorge.

Um oelf Uhr abends wurde nun mit dem Bus nach Durban gefahren. Ich hatte die „geniale“ Idee, um Unterkunft und Transport zu sparen, ein paar Mal einfach einen Nachtbus zu nehmen, die auch nicht so teuer sind. Als ich am naechsten Morgen, um halb sieben, in Durban ankam koennt ihr euch ja also vorstellen wie ich aussah. Immer noch nicht geduscht, total unausgeschlafen und meine Haare. Die waren so fettig, da haette man ein Schmalzbrot draus machen, einen Korb flechten oder sie einfach zu Baumwolle verarbeiten koennen. In Durban, dritt groesste Stadt Suedafrikas, circa drei Millionen Einwohner, musste ich jetzt noch vierzehn Stunden bis zum deutschen Spiel rumschlagen. Es war vor allem eine Herausforderung nicht einfach einzuschlafen, dies wurde mit ordentlich Kaffee, Cola, Red Bull oder mit sich selbst schlagen (nach einem Jahr Mt Tabor nichts besonderes mehr) erfolgreich vermieden. Um etwas frischer zu wirken ging es in den indischen Ozean, zum ersten Mal in meinem Leben. Das tat auch richtig gut, nur das man jetzt auf der Schmalzstulle noch ordentlich Salz hatte.

Geschichten aus dem deutschen Blog.

So machte ich mich dann auf den Weg ins Moses Madiba Stadion, wohl das Schoenste der WM, allerdings mit Laufbahn, trotzdem war man relativ nah dran. Zu diesem schmucken Stadion kam auch noch ein schmuckes Spiel der deutschen Elf, das hat man mich natuerlich sehr gefreut. Nicht so erfreut war ich ueber meine Landsleute. Mogelicherweise habt ihr ja vor dem Fernseher die positiv verrueckten Afrikaner mit ihren Troeten, den Vuvuzelas gehoert. Angeblich soll das ja bei euch nicht so gut ankommen und auch bei den Deutschen hier vor Ort. Da wurden Mitten in der ersten Halbzeit „Scheiss Vuvuzelas“ gesungen, da haette ich am liebsten eine Atombombe in den deutschen Block geworfen. Was massen wir uns da eigentlich an? Es ist nun einmal deren Kultur, deren Art Fussball live mitzuerleben. Hat sich vor vier Jahren in Deutschland jemand beschwert als wir in jedem Spiel nach zwei Minuten schon die Laola anstimmten nur um vor zu gaukeln, dass wir in WM- Stimmung sind? So wie wir es lieben waehrend eines Spiels zu singen und zu stehen, lieben es die Afrikaner das Stadion mit ihren Vuvuzelas in eine ungewoehnliche Stimmung zu versetzen. Wenn es einen stoert soll man sich was in die Ohren stecken, was ja auch einige machen. So, das musste einfach raus. Auch ueber andere Dinge im deutschen Block koennte ich was schreiben, aber die WM ist ja noch lang und zwei Spiele sehe ich auch noch.

Nach dem Spiel ging es ohne Polizeieskort wieder zu einer Bushaltestelle, von da aus machte ich mich auf den Weg nach Pretoria, wo ich meine Zelte fuer vier Tage aufgeschlagen habe. Genauer bin ich im DFB- Fan Village. Genaueres darueber beim naechsten Mal. Jetzt wird erst einmal den Neuseelaendern beim Siegen zu gesehen. Fotos gibt es wohl erst wenn ich wieder in good old Helensville bin.

Euch noch eine tolle Weltmeisterschaft!

Bis demnaechst!!

Gruesst trotzdem noch die Kiwis!!!

Vom nicht mehr ganz anderen Ende der Welt

Euer Michi