Mittwoch, 27. Januar 2010

Ganz großes Tennis.

Und so schließt sich der Kreis. Vor genau einem Monat und einem Tag gab es meine erste kleine Zusammenfassung über meinen Reisemonat von einem Schiff und siehe da, die wohl letzte Berichterstattung verfasse ich auf demselben Schiff und auf demselben Weg, nur halt in die andere Richtung. Wir befinden uns auf der Rückfahrt zur Nordinsel, meine Neuseelandrundreise nähert sich also langsam dem Ende und da Fährüberfahrten immer noch nicht interessanter geworden sind schreibe ich euch jetzt, allerdings diesmal nicht über Neuseeland, sondern über meinen Trip zur zweit größten Stadt Australiens.

Vorletzten Sonntag mussten wir um vier raus aus den Betten, Matthias fuhr Till und mich zum Flughafen. Dort wurde wie üblich für das Einchecken und die Sicherheitskontrollen eine Weile angestanden. In einer dieser Warteschlangen lass vor mir eine Frau die Wochenendausgabe der örtlichen Zeitung, diese berichtete über die morgige Ankunft eines jungen, weithin unbekannten Abgesandten des britischen Königshauses in Christchurch, seine Reise sollte ihn erst ein bisschen durch Neuseeland führen und dann wurde er für die zweite Wochenhälfte auch in Australien erwartet, nur mal so nebenbei erwähnt ...

Am Flughafen traf ich vorher aber noch den Aleks. Aleks ist ein dänischer Freiwilliger, der für die gleiche Organisation arbeitet, wie der Verfasser dieses Blogs. Wir haben uns am ersten Tag auf unserem Einführungscamp in Neuseeland beim Tischtennisspielen kennengelernt. Gleich wurde klar, dass wir ungefähr die gleichen sportlichen Interessen haben, eine davon ist unter anderem der Tennissport. Schon vor meiner Abreise stand für mich fest, dass ich zu den Australian Open, einem der größten Tennisturniere der Welt, Mitte Januar in Melbourne fahren möchte. Genau zu diesem Ereignis wollte Aleks auch und so dachten wir uns; könnten wir ja zusammen fahren. Dies taten wir nun auch. Ich hoffe, dass ich euch nun im Folgenden nicht allzu sehr mit meiner Leidenschaft für diesen fantastischen Sport langweiligen werde, aber ich kann euch über Melbourne sonst nicht viel berichten, es hieß vor allem: Tennis, Tennis, Tennis.

In Melbourne angekommen wurden wir erst einmal von dem recht kühlen Wetter überrascht, welches wir wohl von der Südinsel mitgebracht hatten, im letzten Jahr wurden beim Turnier bis zu 43 Grad gemessen. Da wir beide eine eher geringe Stundenanzahl an Schlaf hatten, wollten wir eigentlich nur in unser Hostel und wieder ins Bett. Ich war glücklich überhaupt eines für eine Woche bekommen zu haben, alle Hostels in und um Melbourne waren nahezu ausgebucht, von daher waren meine Erwartungen eher gering. Was wir jedoch dann geboten bekamen untertraf alle unsere kühnsten Vorstellungen. Erst einmal war die Rezeption direkt in einem kleinen Supermarkt untergebracht, indem zumeist die Gäste des Hostels und die Kunden des Supermarktes von einer Person gleichzeitig abgefertigt wurden, was zu langen Wartezeiten führte. Dieser Umstand hätte ja vielleicht noch seinen Charme gehabt, er verflog jedoch gleich als wir das Treppenhaus betraten. Eine sehr intensive Duftnote fand Eingang in unsere Nasenlöcher, deren Intensität sich von Stufe zu Stufe steigerte. Sie erreichte ihren Höhepunkt, als wir unser Sechsmannzimmer erreichten. Einen solchen Gestank war ich bisher nur von Fußballkabinen gewohnt. In unserem Zimmer befanden sich noch ein Schwede und ein Kanadier, die hier schon zwei Wochen drin hausten. Herzlichen Glückwunsch. Eine nähere Beschreibung der Küche und des Badezimmers erspare ich euch mal lieber, Dreck und Ranz in jeder Ecke. In den anstehenden sieben Tagen versuchten wir den Backpacker so oft wie möglich zu meiden, was uns auch sehr gut gelang.

Aleks und mein Ziel war es in dieser Woche irgendwie einen Blick auf den besten Tennisspieler aller Zeiten zu erhaschen, Roger Federer. Nachdem wir unseren Mittagsschlaf abgesagt hatten, sind wir in ein Internetcafe, da wir noch die Tickets für den nächsten Tag ausdrucken mussten. Im Internet fanden wir dann heraus, dass in circa zwei Stunden auf dem Center Court der Australian Open, der Rod Laver Arena, eine Art Wohltätigkeitsveranstaltung für die Opfer des Erdbebens in Haiti stattfinden sollte. Inhalt dieser Veranstaltung war ein Schaukampf der besten Tennisspieler der Welt, allen voran Roger Federer, Rafael Nadal (Nr.2 der Welt), Novak Djokovic (Nr.3), zwei weitere topgesetzte Spieler und noch ein paar ganz gute Damen (darunter Serena Williams, ihrerseits die Nr.1), also die gesamte Weltelite und das für nur 10 AU$ (1 € = 1,568 AU$). Da galt es kein langes Überlegen, auf ging es zur Rod Laver Arena. Nach einer Stunde Anstehen, bekamen wir dann unsere Tickets, noch nie waren 10 $ so gut investiert. Das Stadion war natürlich ausverkauft, nach dem Einlauf der anderen sieben Spieler kam er dann. Was habe ich für Stunden vor dem Fernseher verbracht nur um diesen Schweizer Tennis spielen zu sehen, was habe ich mit ihm gelitten, mit ihm gejubelt und nun kam er da einfach so rein spaziert, der größte seines Faches, Inhaber unzähliger Rekorde und letztendlich doch ein Mensch, Roger Federer. Die folgenden 75 Minuten waren nun nicht unbedingt von großem Tennis geprägt, das zählte aber nicht, bevor das Turnier überhaupt erst angefangen hatte, haben wir sie schon alle gesehen. Da hätte ich eigentlich auch gleich wieder zurückfliegen können, unwissend was diese Woche noch zu bieten hatte.

(Was für Duelle haben sich die beiden schon geliefert? Links Nadal und rechts Federer.)

Zum generellen Verständnis erst einmal folgendes: Die Australian Open sind ein sogenannter Grand Slam, drei weitere Grand Slams sind die French Open in Paris, Wimbledon in London und die US Open in New York, alles in allem die vier wichtigsten Tennisturniere im Jahr, die jeweils über zwei Wochen gehen und an denen insgesamt 128 Spieler bzw. Spielerrinnen teilnehmen. Die Tennisanlage in Melbourne, der Melbourne Park, besteht aus zwei große Tennisarenen, für die man jeweils extra Eintritt bezahlen muss und aus zahlreichen mittelgroßen bis kleinen Plätzen die man mit einem Ground Pass für 30 $ betreten darf. Vor allem die erste Woche der Australian Open zog unser Interesse auf sich, da man zum einen viele Spiele zu Gesicht bekommt und den Spielern auf den kleinen Plätzen sehr nah ist.

Am ersten Tag hatten wir Tickets für die Rod Laver Arena, genauer für die Day Session. In dieser sieht man drei Spiele, während man für die Night Session dasselbe bezahlt, aber nur zwei Spiele sieht, die war dann aber am nächsten Tag dran. Das Eröffnungsspiel am Montag bestritten zwei Russinnen, Maria Sharapowa gegen Maria Kirilenko, beide arbeiten nebenbei auch als Model, was man ihnen durchaus ansah. Es gab ein typisches Damenmatch, mit den üblichem Ohrenbetäubenden Gestöhne, welches unter dem geschlossenen Dach ganz besonders zur Geltung kam. Das Spiel dauerte nahezu dreieinhalb Stunden, für Damen dann doch schon ungewöhnlich lang und endete mit dem überraschenden Sieg Kirilenkos. Nach eher eindeutigen zwei weiteren Spielen war die Session auch schon beendet und wir schlenderten ein wenig auf der Anlage entlang und sahen noch ein paar andere Spiele, da jedoch der Montag vornehmlich vom Regen bestimmt wurde, endete unser erster Tennistag nach zehn Stunden um 21 Uhr.

Der Dienstag ließ Gott sei Dank mit besserem Wetter auf sich warten und so verbrachten wir ihn bis um 23.27 Uhr im Melbourne Park. Die meisten deutschen Spieler zeigten sich am zweiten Tag, so gab es von Court zu Court einen fliegenden Wechsel. Beim Match von Tommy Haas, dem besten Deutschen auf der Tour, Nr.18, war das Stadion mit 67,73 % überwiegend in weiblicher Hand, das man hauptsächlich an dem lauten Gekreische beim T-Shirt- Wechsel des Deutschen vernehmen konnte. Abends hatten wir Tickets für die Night Session, deren Spiele beide mit australischen Spielern besetzt waren und uns somit nicht allzu sehr begeistern konnten.

Michael Graupner in der Rod Laver Arena.

Am dritten Tag wurden Aleks und ich zu Amerikanern. Den Tag hatten wir bei knallender Sonne, 27 Grad und angenehmen Wind auf den kleineren Courts verbracht und dort Spiele angeschaut. Für den Abend hatten wir dann Karten für das Spiel des Amerikaners James Blake gegen die Nr. 4 Juan Martin Del Potro, ein Argentinier. Dieses Spiel gilt bis heute als immer noch eines der besten, der bisherigen Open. Es dauerte viereinhalb Stunden und wurde erst im fünften Satz vom Argentinier mit 10:8 gewonnen. Vor allem hat uns der Kampfgeist des James Blakes beeindruckt, jeden Ball wollte er noch irgendwie holen, egal wie aussichtslos die Situation war. Hinzu kam, dass neben uns zwei Amerikaner gesessen haben, die uns mit ihrer Leidenschaft mitgerissen haben. Jeder Punkt wurde am Ende frenetisch bejubelt, leider hatte es nicht ganz gereicht.

Tag vier war als ganz normaler Tennistag geplant, es waren etliche gute Matches auf den kleinen Plätzen angesetzt, Tickets für die beiden großen Arenen hatten wir dieses Mal nicht. Roger Federer spielte auf dem Center Court, aber das Match war natürlich schon ausverkauft. Tommy Haas absolvierte sein Zweitrundenmatch und gewann es nach einem packenden Fünfsatzkrimi letztendlich verdient. Nach diesem nervenaufreibenden Spiel bin ich zur Beruhigung erst einmal für einen kleinen Sparziergang die Anlage entlang. Als ich zu unseren Plätzen auf einen der mittelgroßen Arenen zurückkam hielt Aleks ganz aufgeregt ein Stück Papier in der Hand. „Du wirst es nicht glauben (wir sprechen natürlich auf Englisch) ich habe ein Ticket für das Federer Match!“, „Hast du dir eins selber gemalt oder was?“, „Nein, ich hab es von der Frau hier geschenkt bekommen.“ Neben ihm saß eine lächelnde, gut gebaute Australierin, Mitte dreißig. „ Ja ich bin langsam von Federer gelangweilt und da wollt ich heute mal jemand anderes sehen, außerdem mag ich es andere Menschen glücklich zu machen.“ Es war also echt, das Ticket. Schnell haben wir uns darauf geeinigt, dass Aleks die erste Hälfte des Matches, also eineinhalb Sätze und ich dann die zweite Hälfte anschaue. Meine Kamera hab ich ihm auch noch gegeben und weg war er. Da Federer schnellen Prozess gemacht hat, kam Aleks nach weniger als einer Stunde auch schon wieder zurück, jetzt war ich an der Reihe. Das Ticket führte mich auf die Gegentribüne, unterer Rang, letzte Reihe, also nicht so schlecht. Da saß er dann auf seiner Bank, der Meister. Diesmal hochkonzentriert und mit dem nötigen Ernst. Den zweiten Satz gewann er leicht und locker, vor lauter Staunen vergaß ich sogar zu klatschen, ein Sieg in drei Sätzen stand außer Frage. Und dann geschah es. Bei Stand drei zu null für Federer im dritten Satz gab es wie üblich eine kleine Pause. Urplötzlich füllte lautes Kreischen mehrerer weiblicher Personen die Arena, die meisten Zuschauer erhoben sich von ihren Plätzen und begannen zu applaudieren. Was ist denn hier los? Das Match ist doch noch gar nicht zu Ende und ein Zweitrundensieg Federers ist nun nicht unbedingt etwas Außergewöhnliches. Die Augen der Zuschauer richteten sich jedoch nicht auf den Schweizer, sondern auf die „Royal“- Box der Rod Laver Arena. Circa zwanzig Menschen kamen die Treppe runter spaziert, darunter ein Mann Mitte zwanzig und mit rotem Haar. Nein, das ist doch nicht? Dass ist doch nicht dieser unbekannte Abgesandte des englischen Königshauses? Dass ist doch nicht Prinz Wilhem von Großbritannien und Nordirland? Er war es. Der Schiedsrichter benötigte fünf Minuten um die Zuschauer zu beruhigen, sodass die beiden weiterspielen konnten. Der König des Tennis und der Prinz von England in einem Stadion, was soll man da noch zu schreiben? Einen Wehrmutstropfen hat die ganze Geschichte allerdings, ich habe kein Beweisfoto. Bei der Ticketübergabe vergas Aleks mir die Kamera zu geben, naja so konnte ich den Moment wenigstens ohne hektisches Fotografieren vollends genießen.

Geht das noch zu toppen? Fast. Freitag war als sehr entspannter Tag gedacht. Es war vornehmlich verdammt heiß, mit 36 Grad war es der wärmste Tag, nach drei Schritten war man nur so von Schweiß überhäuft. Drei Deutsche spielten auf dem Center Court. Vor allem die Night Session hätte mich interessiert. Dort spielte Rafael Nadal gegen Phillip Kohlschreiber, einem Deutschen, der dem Spanier zumindest gefährlich werden konnte. Allerdings waren schon Anfang der Woche die Tickets für die Session ausverkauft und hätten 100 $ gekostet. So habe ich mir, nach ein paar netten Spielen zuvor auf kleineren Courts, das Nadal- Match auf einer großen Leinwand zur Gemüte geführt. Zu Beginn des ersten Satzes lief auf einmal ein mir bekanntes Gesicht an meinem Plastikstuhl vorbei. Ich hatte diesen Mann schon gestern nach einem Spiel gesehen, er schien einen ziemlich wichtigen Eindruck zu machen, er konnte einem Fan das Armband eines spanischen Spielers organisieren. Ein Versuch war es ja mal wert. „Hast du zufällig Tickets für die heutige Night Session?“ Er schaut mich kurz, eher nur mit Desinteresse, an. „Ja, die habe ich.“ „Würdest du eines verkaufen?“ Er überlegt kurz, jetzt mit steigendem Interesse. „Wie viel würdest du zahlen?“ „Vierzig Dollar.“ „Vergiss es.“ Er war auch schon fast wieder am losgehen und ich richtete meinen Blick wieder auf den Bildschirm, als er dann zu mir sagte: „Na gut, für fünfzig bist du dabei.“ „Alles klar.“ Die fünfzig Dollar ihm schnell in die Hand gedrückt, Aleks Bescheid gesagt und auf in die Rod Laver Arena. Diesmal führte mich das Ticket fünf Reihen hinter die Spielerbox Nadals, also quasi Eckfahne und acht Reihen vom Spielfeld entfernt. Neben mir saßen noch zwei weitere, nach Melbourne ausgewanderte, Deutsche mit denen es dann Kohlschreiber anzufeuern galt. Leider hat es nicht ganz gereicht, „Kohli“, wie er genannt wird, gewann einen Satz, verlor aber nach dreieinhalb Stunden und einem tollen Spiel das Match. Anschließend spielte noch eine deutsche Dame, die sehr unglücklich in drei Sätzen verlor. Tennis Tag fünf war dann um 1.43 Uhr beendet, insgesamt dreizehneinhalb Stunden. Ihr kennt mich ja alle als komplett ausgeglichenen Menschen, der bei halbwegs spannenden Spielen, egal welcher Sportart, vollkommenen gelassen auf seinem Platz sitzen bleibt und das Gesehen nur mit begrenztem Ehrgeiz verfolgt, überraschenderweise hatten meine Stimmbänder an diesem Abend ihre Grenzen erreicht, wie sie sie eigentlich nur nach Fußballspielen kennen und benötigten am nächsten Tag erst einmal eine Erholung.

Philipp Kohlschreiber, rechts, und der Verfasser dieses Blogs, links, am zweiten Turniertag.

Spielszene.

Am Samstag haben wir erst ein bisschen Sightseeing betrieben. Dabei ist uns aufgefallen, dass Melbourne ganz nett ist, vor allem ist es eine Stadt. Mit 3, 5 Millionen Einwohnern passt fast ganz Neuseeland rein. Abends bin ich zum letzten Mal zur Tennisanlage, das Drittrundenspiel von Tommy Haas stand auf dem Plan. Dieses konnte leider nicht ganz das halten was es versprach, er verlor es in vier Sätzen.

Dass waren dann mehr als sechzig Stunden Tennis in sechs Tagen, einmalig. Einmalig waren auch die Zuschauer, hauptsächlich die Aussies. Die sind ein ganz nettes Völkchen und verstehen es aus diesem Ereignis ein richtiges Fest zu machen. Auch bleiben mir die zahlreichen Spanier, die stimmungsvollen Chilenen oder die kroatischen Hooligans (die gab es wirklich, mit Leuchtfeuerwerk und anschließender Festnahme) in Erinnerung. Und die Deutschen? Nun gut, sie waren vertreten. Mehr als das. Sie waren bei fast jedem Match in der Überzahl. Ganz Australien soll ja mit deutschen Backpackern übervölkert sein. Viele von denen waren auch auf der Anlage, verstanden aber vom Tennis nicht allzu viel (klingt vielleicht etwas überheblich, war aber wirklich so). Da war aber auch der deutsche (Tennis-) Tourist. Mit seinen Sandaletten, gefüllt von bis zu den Waden hochgezogenen, wahlweise braunen oder schwarzen Socken, gefolgt von einer bis zu den Knien gehenden Jeanshose und dem üblichen Bierbauch. Als T-Shirt bevorzugt er ein dunkles Blau oder Schwarz, da ja in Melbourne Gerüchten zu Folge keine Sonne scheinen soll. Sein Kopf ist Scharlach Rot, sodass man nicht wusste ob diese Farbe aus einem Sonnenbrand resultierte oder die Vorahnung des nächsten Toilettenganges war. Wenn man dann einmal die deutschen Spieler mit einem einfachen „Auf geht’s“ angefeuert hat, wollte er einen am liebsten den Reisepass wegnehmen, so musste er sein Gesicht dezent von dieser Person abwenden. Ein Glück waren nicht alle Deutschen so, aber viele. Man konnte auch mit manchen richtig gut Stimmung machen, die dann schon eher an die spanische oder die amerikanische Begeisterung für den eigenen Spieler rankam.

Gut jetzt war es dann nun endgültig von meiner Woche Australien, bzw. Melbourne. Ich würde nicht behaupten, dass ich in Australien war, es gab keine Kängurus, Wallabies oder Koalas zu sehen, sondern nur kleine gelbe Filzbälle. Dieses Land bedarf noch einer ausführlichen Reise. Wie auch immer, ohne Übertreibung kann man diese Woche als eine der schönsten meines Lebens bezeichnen. Ab sofort wird jedes Jahr ein Grand Slam- Turnier bereist, Paris 2011, je viens!

Da ich mich nun mit diesem Eintrag schon längst tief im fünften Satz und auch nicht mehr auf der Fähre befinde, gibt es die letzte Woche aus meinem Dorf.

Bis dahin euch allen ein angenehmes Leben!

Game, Set and Match!!

Grüßt die Kiwis!!!

Euer Michi

Samstag, 16. Januar 2010

Weitermachen, immer weitermachen.


Da lasse ich euch mal fast zwei Wochen in Ruhe und schon könnte ich wieder Seitenweise über mein Nomadenleben berichten. Am Montagmorgen, als ich mir im Van gedanklich so meinen nächsten Blogeintrag vorgestellt hatte, wollte ich euch von einer erneut unfassbaren Begegnung, einer gemütlichen Wanderung oder dem touristischen Highlights Neuseelands schreiben. All diese Pläne wurden aber am Montag gegen 14:03 Uhr zu Nichte gemacht, bzw. teilweise, sicherlich werde ich auf das ein oder andere später noch zurückkommen, dann bestimmt in knapperer Form. Was ist denn nun am Montagnachmittag so uninteressantes passiert?, werdet ihr euch jetzt fragen, dann mal los.

Nach einer weiteren, zu kurzen, ungemütlichen, aber Sandflies-losen Nacht im Van haben wir unsere Zelte in Richtung Mt. Cook Nationalpark aufgebrochen. Mt. Cook, oder auf Maori Aoraki, ist mit 3754 Metern der höchste Berg Neuseelands, er befindet sich demnach Mitten in den neuseeländischen Alpen und um ihn herum haben sich unzählige Zwei- bzw. Dreitausender platziert. Der Trip dort ihn hatte einen ganz schönen Umweg auf unserer Route bedeutet und war auf Grund des regnerischen Wetters umstritten, aber ich konnte mich nach langer Diskussion dann doch durchsetzen :). Eigentlich war geplant ein wenig im Park rumzuwandern, vielleicht vier Stunden, dann ab in ein gemütliches Hostel, mit Dusche, warmen Bett und reichhaltigen Frühstück, es kam ganz anders. Im örtlichen Informationszentrum angekommen haben uns alle dort im Flyer angezeigten, für Amateure empfohlenen, Wanderwege nicht wirklich vom Hocker gerissen. Durch Zufall stieß Till dann auf einen Weg, der nur sehr spärlich auf einer sich an der Wand hängenden Karte markiert war und nach einer zwei Tagestour aussah – der Ball Pass Track. In einem Hefter von 1999 wurde angemahnt diesen nicht beschilderten Weg nur mit Wandererfahrung im alpinen Hochgebirge, also unter anderem auf Schnee und Eis, zu bewältigen. Haben wir die? Nein. Nichtsdestotrotz wurde beim Ranger erst einmal nachgefragt: Können drei vollkommen unerfahrene, nicht ausgeschlafene, deutsche Touristen diesen Track absolvieren? Grundsätzlich schon. Was braucht man an Ausrüstung? Eisaxt, Steigesen und ein Zelt. Ist mit Lawinen oder sonstigen Erdrutschen zu rechnen? Kann durchaus passieren, aber eher unwahrscheinlich. Was ist die eigentliche Schwierigkeit des Tracks? Den Weg zu finden. Als einziges Problem stellte sich nur die Suche nach einem zweiten Zelt dar. Axt und Steigeisen konnten wir ausleihen, ein Zelt gab es nicht mehr. Wie aus dem nichts erschien dann aber ein Australier mit seiner Frau die fast den gleichen Weg gerade eben absolviert hatte. Nach einer kurzen Unterhaltung hat er uns aus freien Stücken sein neunhundert Dollar Zelt ausgeliehen, sein Kommentar: „Man kann damit auch den Mount Everest besteigen.“ Der musste es ja nun nicht gleich sein. Mit vollem Gepäck und einem mulmigen Gefühl in welcher Verfassung wir wieder zurückkehren, ging es dann um 15 Uhr auf den Ball Pass Track.

Die ersten drei Stunden wurden noch auf gut 700 Meter gewandert, der „Weg“ führte durch eine Art Buschlandschaft, da es die Tage zuvor nur so geschüttet hatte mussten wir mit unserem Gepäck durch kleine Seen und Flüsse und waren bis zu den Oberschenkeln dementsprechend nass. Um ca. 19 Uhr kam dann die eigentliche Herausforderung des Abends. Es galt einen recht steilen Anstieg zu überwinden, der anfangs mit Gestein, am Ende aber mit Eis bedeckt war. Der erste Teil erfolgte problemlos, der zweite eher nicht. Es mussten die Steigeisen untergeschnallt werden und die Axt diente als Stütze. Hoch ging es in Serpentinen, das Schwierige allerdings war, dass man nie so genau wusste wie dick denn nun das Eis ist, auf einmal war man dann zur Hälfte reingeplumst, oder noch besser man rutschte aus und schlidderte zehn Meter auf dem Eis runter, bis man irgendwann stoppte, es war alles andere als ein lauer Abendspaziergang. Nach siebenstündiger Wanderung hatten wir dann aber unser „Camp“ in gut 1900 Metern erreicht und als erstes wurden unsere Zelte aufgeschlagen. Hier mal ein Bildchen am Morgen danach.


Es war so kalt, dass am nächsten Morgen die überlebenswichtige Nutella komplett gefroren war, als Frühstück musste dann nur trockenes Toast herhalten. Danach ging es in die kalten, stinkigen, nassen Schuhe und Socken und um halb acht wurde wieder losgewandert. Die teilweise schon blau angelaufenen Finger wechselten mit zunehmender Dauer auch endlich ihre Farbe und das Wetter wurde immer besser. Nach zwei Stunden bekamen wir dann vor Augen geführt wie waghalsig doch diese ganze Tour ist. Wir konnten von weitem den Ball Pass sehen, den es ja zu überqueren galt, dieser war komplett in Schnee bedeckt und an Steilheit nicht zu überbieten. Vielleicht kann ja dieses Bild die Szenerie irgendwie wiedergeben, ich bezweifle es aber.

(Die weiße Linie zwischen den beiden Bergen ist der Pass.)

Ein Zurück gab es nicht mehr, wenn nicht jetzt wann dann. Steigeisen wieder unter die Füße geschnallt und die Axt zur Hand genommen. Gerade als wir die ersten Meter auf dem Schnee absolviert hatten glaubte ich auf dem Gipfel eine Bergziege erkannt zu haben, nein sogar zwei. Kann doch nicht möglich sein, vor allem als die Ziegen dann Helme und Rucksäcke aufhatten. Zwei Schottinnen sind genau den gleichen Weg gelaufen, nur halt in anderer Richtung, nach kurzem Plausch und gegenseitigen Mut machen ging es weiter, warn ja nur noch 200 Meter. Die Zehen begannen zu frieren, die Waden waren kurz vor dem aufgeben, Worte kamen nur noch bruchstückweise aus dem Mund. Schritt für Schritt, näherte man sich zwar dem Ziel, aber man sank immer tiefer in den Schnee hinein, der Mut sank von Minute für Minute, der Wind wehte eiskalt ins Gesicht; kann es nicht endlich vorbei sein? Doch plötzlich kamen die Worten eines völlig unbekannten, in Karlsruhe geborenen, ehemaligen Nationaltorhüters in den Kopf: ‚Weitermachen, immer weitermachen!‘ Und mit einem letzten Schrei der Erschöpfung war es geschafft, der Ball Pass in Höhe von 2100 Meter erreicht. Jedes, der von mir zu oft missbrauchten Adjektive der positiven Umschreibung führt die sich vor meinen Augen wiedergespiegelte Kulisse ad absurdum. Es befand sich keinerlei Wolke am Himmel und vor uns tummelten sich die höchsten Berge Neuseelands, allen voran natürlich Mt. Cook. Leider konnten wir diesen Anblick nicht ausgiebig genug genießen, wer einen Berg hoch läuft muss ihn auch wieder runter. So stand also noch ein zehnstündiger Abstieg vor uns, der uns über Schnee, Eis und Gestein wieder ins Tal führte. Teilweise brenzlige Situationen galt es zu überstehen, aber um halb zehn abends standen wir alle, komplett erschöpft wieder am Van, nach vierzehn Stunden Wanderung galt es nur noch einen Schlafplatz zu finden.

Nicht Wandlitz, nicht Ahrensfelde, nicht Rüdnitz, sondern…

Nach diesem außerplanmäßigen Bericht schließe ich wieder an die chronologischen Ereignisse unserer Reise an. Nach meinem, im letzten Blog berichteten, Skydive sind wir am nächsten Tag von Queenstown zum Milford Sound. Dabei handelt es sich um einen Fjord, der als das touristische Highlight Neuseelands gilt. Hunderte von Touristen bevölkern täglich den Sound und fahren mit einer der zahlreichen Schiffe den Fjord entlang, der mehr als zweihundert Tage im Jahr von Regen gesegnet ist. Da ich bei meinem Fallschirmsprung das gute Wetter erst einmal aufgebraucht hatte, weinte Petrus uns auch bei unserem Ausflug zum Milford Sound entgegen. Auch wir haben uns der Masse angeschlossen und eine kleine Bootstour genossen. Trotz des schlechten Wetters hat sich der Trip absolut gelohnt, die Wolken hingen vielleicht fünfzig Meter über dem Wasser und schmiegten sich durch den Fjord hindurch, ein atemberaubendes Naturschauspiel, Bilder davon gibt es wenn ich alle sortiert und in mein Album eingeordnet habe.


Am nächsten Tag haben wir uns zu einer viertägigen Wanderung aufgemacht, die im Nachhinein im Vergleich zu der am Anfang beschriebenen ein Kinderspiel war. Es wurde der sogenannte Kepler Track gewandert, 63 Kilometer lang und der zweitbeliebteste Wanderweg Neuseelands, sagt man jedenfalls. Dieser verläuft mitten durch das Fjordland und bietet ebenfalls einzigartige Blicke. Nachdem es am ersten Tag ziemlich steil bergan ging, liefen wir den zweiten Tag quasi einen Kammweg in 1200 Meter Höhe. An sonnigen Tagen hätten wir wohl eine überragende Landschaft zu Gesicht bekommen, aber mit Sonne wars diesmal wieder nichts. Rechts des Kammes befand sich eine dicke Nebelsuppe, links konnte man teilweise die anderen Berge erkennen. Als es dann langsam aufklarte führte der Weg aber wieder zurück in den Wald, in dem dann die folgenden beiden Tage weiter gewandert wurde.


Unsere Route führte uns anschließend auf sechs Uhr nach Invercargill und dann am letzten Wochenende auf vier Uhr nach Dunedin. Endlich mal wieder eine Großstadt, nein fast schon Metropole mit ihren 118.000 Einwohnern. Die achtgrößte Stadt Neuseelands hat dann aber auch nicht so viel nicht zu bieten. Ein paar nette Kirchen, eine mittelmäßige Kunstgallerie und die steilste Straße der Welt, die mit ihren durchschnittlich 35 % wirklich steil ist. Das wars jedenfalls von Dunedin. Obwohl eine Sache gibt es da noch.
Da Dunedin ein paar nette Bars haben soll, wollte ich am Samstagabend endlich mal wieder irgendwo weggehen und nicht wieder im Hostel bleiben und einen Film anschauen. In unserem Zimmer hat noch ein anderer Deutscher genächtigt, ein überzeugter Fan der Frankfurter Eintracht neben bei erwähnt, der meinte er geht mit zwei anderen aus Berlin nachher noch einmal in die Stadt. Berlin? Ich sag ja auch immer, dass ich aus Berlin komme, vielleicht haben die ja schon mal was von Eberswalde gehört. Als wir dann an deren Zimmer ankamen hab ich dann gleich mal fallen lassen, dass ich aus dem altehrwürdigen Eberswalde stamme. Die beiden, Willie und Mark hießen sie, konnten ihren Ohren nicht trauen. Eberswalde, gibs ja nicht. Wieso wo kommt denn ihr her? Na aus Werneuchen! Wie bitte, aus Werneuchen? Urplötzlich schossen Erinnerungen an legendäre Fußballspiele in meinem Kopf, die ich in diesem weniger beschaulichen Ort schon absolviert habe. An mein erstes Spiel auf Großfeld im August 2003, an eines meiner an drei Händen abzuzählenden Tore, dieses erzielt mit dem rechten Oberschenkel am 23. September 2007 oder an einer meiner größten Blamagen im Pokalviertelfinale April 2008. Oh Werneuchen. Ein Fußballplatz mit handgezählten 23 Grashalmen und einem Hügel in der Spielfeldmitte, Spieler, deren IQ im Durchschnitt bei 65,3 liegt und die nach Hundert Meter Sprint in sich zusammen fallen und Zuschauer, die, egal ob männlich oder weiblich, mit ihren 0,23 Zentimeter Kurzhaarfrisuren ohne weiteres die demokratischen Grundprinzipien tief in ihrem Gedankengut verankert haben. Oh Werneuchen. Nachdem wir uns bestimmt fünfzehn Minuten vor Ungläubigkeit nicht mehr ein bekommen haben sind wir in die Stadt und in einen guten Club. Werneuchen, ich kam den ganzen Abend nicht aus dem Kopfschütteln heraus.

Am Tag nach dieser einzigartigen Begegnung führte uns unser Van weiter nach Norden, nach Omaru. Dort haben wir uns dann abends blaue Pinguine angeschaut, die kleinste Pinguinsorte der Welt. Die kamen einfach aus dem Wasser und sind auf der Straße lang spaziert, ob sie wirklich blau waren kann ich nicht sagen, war ja schon dunkel. Anschließend haben wir dann einen Schlafplatz in der Nähe einer Kuhweide aufgeschlagen und am nächsten Morgen ging es in Richtung Mt. Cook und so sind wir wieder am Anfang.


Derzeit befinde ich mich in Christchurch, der drittgrößten Stadt Neuseelands. Ganz richtig ist das zwar auch nicht, sondern wir haben für vier Tage Asyl in einem weiteren Christian Camp bekommen und das ist etwas außerhalb der Stadt. Christchurch hat mich bis jetzt noch nicht begeistert und soll daher hier auch nicht großartig Platz finden. Einzig und allein der Fakt, dass Christchurch einen leckere deutsche Metzgerei zu bieten hat sollte ich erwähnen, da wurde heute endlich mal wieder eine Currywurst verzehrt. Am Sonntagmorgen geht dann auch schon der Flieger nach Melbourne zu den Kängurus, Wallabies und Tennisbällen. Hoffentlich werde ich dann auch mal Jojo zu Gesicht bekommen, vielleicht lebt der ja noch.


Euch allen dann mal eine möglichst bald schneefreie Zeit!

Bis demnächst!!


Grüßt die Kiwis!!!


Euer Reinhold

Samstag, 2. Januar 2010

Über den Wolken…



Mit eintägiger Verspätung wünsche ich euch allen ein nüchternes, ereignisreiches und glückliches Jahr 2010. Hoffentlich habt ihr alle einen nicht allzu frostigen Jahreswechsel gehabt, ich hatte 19 Grad und fast keine Wolke am Himmel. Aber nicht nur in dieser Hinsicht war mein New Year merkwürdig, zu allererst da ich einer der ersten Menschen dieser Welt war die ins neue Jahr gefeiert haben und natürlich waren die Personen in meiner Umgebung mit denen angestoßen wurde, auch wenn schon seit mehr als fünf Monaten bekannt, nicht die gleichen wie die letzten Jahre, egal ordentlich getrunken wurde trotzdem. Fast alle Freiwilligen haben sich zu Sylvester in Queenstown getroffen, eine für neuseeländische Verhältnisse mit knapp 10.000 Einwohnern fast schon Großstadt. Queenstown liegt auf der Südinsel ungefähr auf sieben Uhr, vielleicht aber auch acht und ist sowas wie die Adventurestadt Neuseelands. Man kann hier alles Mögliche machen, von Bungy Jumping, Canoying, River Rafting, Fallschirmspringen, Jetboating, Hauptsache ist, dass das Adrenalin nur so fließt. Auf Grund von so viel Adventuresachen sind automatisch viele junge Menschen hier und ganz besonders natürlich zu New Year, obwohl viel untertrieben ist, die Straßen waren voll von Nachfahren des Homo Sapiens, hatte schon Fanmeilen ähnliche Verhältnisse und mittendrin waren wir Freiwilligen. Viel über mein New Year werde ich wohl an dieser Stelle nicht berichten, das Feuerwerk habe ich noch bei vollem Umfang mitbekommen und mir ging es am Morgen danach besser als gedacht, reicht. Geknallt wurde hier übrigens fast gar nicht, nur ein Feuerwerk auf dem See, sonst wars das, die Kiwis verballern ihr Geld, wie die Briten ja auch, schon am 5. November, Gunpowder Day, falls ihr davon schon mal gehört habt.

Der Rest des ersten Januars wurde wie all die Jahre auch größtenteils im Bett verbracht, es wurde zwar kein Skispringen geguckt, aber auch sonst war er eine Verschwendung. Dafür wurde dann heute richtig ins neue Jahr gestartet. Wir sind nach Wanaka, circa 70 Kilometer von Queenstown, genauer genommen zu einem kleinen Flughafen, dort sind wir nach halbstündiger Vorbereitung in eine kleine Maschine, die um 10.30 Uhr in die Lüfte gestiegen ist. Nach einem kleinen Rundflug sind wir auf ungefähr 4.600 Metern Höhe angekommen und auf einmal hat sich dann die Tür geöffnet. Da ein solcher Flug ja ganz interessant, aber nichts Weltbewegendes ist, bin ich einfach mal raus gesprungen, jepp so war das. Selbstverständlich war ich nicht allein, ein Mann, der das in seinem Leben schon über siebentausendmal gemacht hat, hing an meinem Rücken. Es war atemberaubend, ach mehr als das. Die Überschrift meines Blogs bezieht sich natürlich auf dieses Ereignis, aber in Wirklichkeit ist sie nicht ganz richtig, denn es gab nämlich keine Wolken. So viel Pech wie wir die letzten Tage mit unserem Wetter auch hatten, der liebe Gott hat sich all das für diese Minuten aufgehoben, ein Freier Fall von sechzig Sekunden und im Hintergrund die Alpen Neuseelands, diese einzigartige Landschaft und nur die Sonne am Himmel. Nach einer Minute öffnete sich dann auch schon der Fallschirm und fünf Minuten später war auch alles schon vorbei. Mein erster Fallschirmsprung, oder besser Skydive, wie es im englischen heißt, klingt cooler. Hier noch ein paar Bilder, eine DVD gabs auch, mal sehen wie ich die hier einbauen kann.

Noch vorm Sprung. Links Till. Hinter mir mein Lebensretter.

Und raus mit mir.

Bitte Lächeln.

Sandflies, Mücken, Sandflies.

Ich möchte euch aber natürlich nicht meine letzten Tage im alten Jahr vorenthalten. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, Fährüberfahrt. Nachdem wir dann am ersten Weihnachtsfeiertag nachmittags in Picton angekommen sind stand noch eine zweistündige Fahrt an. Ziel war wieder einmal ein Christian Camp, in dem wir kostenlos übernachten konnten. Dort angekommen waren wir die einzigen Gäste, der Besitzer des Camps hatte mit seiner Familie Weihnachten gefeiert. Da er jede Menge Reste vom Weihnachtsessen übrig hatte bot er uns gleich an doch ordentlich zuzugreifen, da konnten wir selbstverständlich nicht nein sagen. Auch sonst hat er uns für die zwei folgenden Tage Unmengen an Essen angeboten. Am zweiten Weihnachtstag sind wir dann zu unserer ersten kleinen Wandertour. Gewandert wurde in drei Tagen der Abel Tasman Track im Norden der Südinsel, es ging entlang der Nordküste, durch Regenwälder und Strände, der Schwierigkeitsgrad war nicht allzu hoch, eher was zum entspannen. Aber es war sehr schön, zum ersten Mal habe ich im pazifischen Ozean gebadet, war jetzt nicht unbedingt anders als im Atlantik. Geschlafen haben wir in Hütten, die insgesamt 30 Menschen beherbergen konnten. In der ersten Hütte existierten zwei Schlafräume, die jeweils ein riesengroßes Doppelstockbett hatten in denen 15 Personen schlafen konnten, ich hoffe ihr könnt euch das einigermaßen bildlich vorstellen, 15 Menschen in einem 16,34 m² großen Raum, es war eine der schrecklichsten Nächte meines ganzen Lebens. Hat einmal ein Mann in der Ecke aufgehört mit Schnarchen, hat fünf Minuten später neben dir der andere angefangen, dann gabs noch ein paar Tritte von deinem Nachbarn und jede Minute hat sich einer bestimmt in seinem Schlafsack umgedreht. Die zweite Hütte wurde dann nur mit fünf anderen Wanderern geteilt, die war dann deutlich angenehmer.

Mit einer ganz besonderen Spezies an Tieren haben wir es in diesen Tagen sehr intensiv zu tun bekommen, den neuseeländische Sandfliegen, oder einfach Sandflies. Diese garstigen, 0,5 Zentimeter großen Biester gibt es vorwiegend auf der Südinsel und sie sind überall. An sich wäre das ja gar nicht so schlimm, wenn sie nicht das menschliche Fleisch sehr delikat finden würden, es zieht sie quasi magisch an. Ihr Biss ist anfangs kleiner als der einer Mücke, entwickelt sich dann aber die nächsten Tage zu einem recht großen roten Punkt und dieser juckt und juckt und juckt. Ich habe jetzt vielleicht dreißig dieser Stiche an meinem Körper, es tröstet einen halbwegs, dass jeder zweite hier mit roten Punkten auf der Haut rumläuft.

Die Sandflies haben uns dann auch die nächsten Tage die Westküste gnadenlos verfolgt. Nach der Wanderung wurde nach langer Zeit wieder einmal Mitten in der Pampas übernachtet, diesmal ohne weitere Deutsche, aber dafür mit Sandflies und nervigen Mücken. Nachdem Matthias und ich alle sich im Van befindlichen Sandflies getötet hatten (ca. 50 an der Zahl), waren die Mücken an der Reihe, diese haben trotz aller geschlossener Fenster immer wieder einen Weg rein gefunden, nach zwei Stunden hoffnungsloser Jagd hab ich mir einfach meine, eigentlich fürs Flugzeug gedachten, Ohrstöpsel genommen und unter Attacke von unzähligen Mücken meinen Schlaf gefunden. Am Morgen danach haben sich dann neben den Sandflies Bissen im Rotton unterschiedliche Mückenstiche hinzugefügt, ihr könnt euch hoffentlich vorstellen wie ich aussehe.

Am nächsten Morgen wurde erst mal Pause vom Vanfahren gemacht, am Tag zuvor waren es neun Stunden. Es wurde auf einem Gletscher gewandert, genauer der Franz Josef Gletscher. Wir nahmen an einer ganztägigen Tour teil, die uns sechs Stunden aufs Gletschereis geführt hat. Dass war ein sehr tolles Erlebnis, da zuvor ja noch nie gemacht. Wir sind durch Gletscherspalten, in denen noch nicht einmal Reiner Callmunds linker Finger hineingepasst hätte. Leider hatte es größtenteils geregnet, kalt war es auch ein wenig und ich hab jetzt immer noch eine kleine Erkältung.

Im Anschluss an dieser Tour sind wir noch einhundert fünfzig Kilometer Richtung Süden, zweihundert Meter vom Meer habe wir wieder einen Schlafplatz gefunden. Wir hatten noch nicht einmal unser Auto richtig eingeparkt und schon war ein ganzer Schwarm Sandflies um uns herum. Einmal die Tür geöffnet und schon waren sechzig Stück drin, den ganzen Abend wurde gekämpft, am Ende haben wir uns geschlagen einfach ins Bett fallen lassen und am nächsten Morgen unsere Stiche gezählt, es juckt jetzt immer noch.

Der nächste Tag bestand dann aus der finalen Fahrt nach Queenstown, also sind wir wieder am Einstieg angekommen und ich am Ende meines Blogeintrages. Mal sehen wann ich wieder zum schreiben kommen, die nächsten Tage werden wieder mit Wandern verbracht und dann geht’s gegen den Uhrzeigersinn auf der Südinsel weiter.

Bis demnächst!

Einen entspannten Start in 2010!!

Grüßt die Kiwis!!!

Euer Michi

PS: Mehr Bilder gibts irgendwann, das Internet ist hier verboten langsam.