Samstag, 29. Mai 2010

Nur noch siebenundvierzig.

So schnell sind zwei Wochen auch schon wieder rum. Da bleibt einem ja nicht mal richtig Zeit sich über das neuseeländische Wetter zu beschweren, das zum Beispiel auf der Südinsel, Oder-Flut- artige Bilder hervorruft. Aber im Guten alten Helensville ist das Leben noch in Ordnung. Da ist immer noch der örtliche Supermarkt die größte touristische Sehenswürdigkeit, die sich vor meinem Fenster türmenden Hügel wieder am grün werden und die Schafe, die Schafe haben einfach ihren Spaß. Ich werde jetzt schon unheimlich sentimental und tropfe mir die Tränen von meinen befeuchteten Wimpern, wenn ich daran denke, diese Idylle bald zu verlassen. Vor fast genau einer Woche wurde dieses atemberaubende Schauspiel allerdings unterbrochen, denn vor fast genau einer Woche gab es den alljährlichen Helensville Bücherjahrmarkt. In der dorfeigenen Stadthalle konnte jedermann seine schon seit einem Jahr verstaubten, stinkenden und verschimmelten Bücher verkaufen. Was kaufen meine beiden tauben Zwillinge da natürlich? Eine Videokassette und unzählige CDs. Obwohl, Ron bekam zehn Magazine zum Kochen in der Mikrowelle umsonst und war der glücklichste Mensch der Welt.

Ok, dann gab es da am Sonntag auch noch etwas anderes. Die Geburtszahl des Verfassers dieses Blogs
zeigt seit letztem Sonntag zwei schon seit langem nicht mehr anzutreffende Zahlen an, die ihn jetzt natürlich zu einem komplett anderen Menschen machen. Der dreiundzwanzigste Mai schützt auch am anderen Ende der Welt nicht vor dem alt werden, so kann jetzt jedes von der Sonne verblichene Haar als Ankömmling der Weisheit gedeutet werden, bei jeder vermeintlich zu erkennenden Falte wird für die Botoxspritzen gespart und mit jedem weiteren überstandenen Lebensjahr wird ein Strich gemacht, bis zur Rente sind es noch siebenundvierzig. Bevor ich das ganz vergesse möchte ich mich an dieser Stelle für alle nicht beantworteten Geburtstagsgrüße bedanken, mit einer zeitnahen Antwort habe ich es ja immer nicht so.

Am Morgen meines Geburtstages hatte ich gehofft ein ganz besonderes Geschenk zu bekommen, aber unsere Freunde aus München hatten es sich doch anders überlegt und so ging es unausgeschlafen und etwas enttäuscht in den Tag. Der eigentlich nicht weiter erwähnenswert ist, da er auf einen Sonntag fiel. Passend zum Start regnete es ungefähr zwölfeinhalb Stunden und drei Minuten und ein geplanter Ausflug fand seinen Weg ins Wasser. Abends wurde aber doch etwas „gefeiert“. Meine House Leaderin hatte mich gefragt, ob ich etwas größer feiern will, dies habe ich umgehend und vehement abgelehnt, da ich keine Lust auf dieses typische Mount Tabor- BBQ hatte, bei dem alle Behinderten und Betreuer die ganze Zeit ungeduldig und zitternd aufs Essen warten und für die Betreuer am Ende nichts mehr übrig ist, da von den Behinderten vorher schon alles aufgegessen wurde. So sind wir in einen gemütlichen kleinen Kiwi- Pub und haben dort zu Abend gegessen. Die Lokalität und das Hühnchen haben mir durchaus gefallen, sodass ich mit meinem Geburtstag ganz zufrieden bin, es gab sogar ein paar kleine Geschenke. Hier zwei Bilderchen:

Zwanzig.

Die Geburtstagscrew. (Sind natürlich nicht alle meine Mitbewohner, habe noch die Familie einer Betreuerin mit eingeladen)

Ganz mit den Feierlichkeiten war es das aber noch nicht. Am heiligen Donnerstag wurde noch mit den beiden deutschen Freiwilligen, Malte und Kosha, und Jenna, einer Mt. Tabor- Mitarbeiterin aus good old Newcastle, ein wenig nachgefeiert. Es gab eine Subwaybüfetplatte, das ein oder andere Tui und, und wir hatten einfach eine tolle Zeit.

Das kann es doch aber hier noch nicht gewesen sein, oder wie? Hm, ich könnte ich euch noch vom Tag nach meinem Geburtstag schreiben. Der war ungeahnter Weise ein Montag und am ersten Tag der Woche obliegt mir immer die Ehre meine Mitbewohner zu bekochen. Schon seit Ewigkeiten forderte mich meine House Leaderin auf etwas richtig „deutsches“ zu kochen. Die Frage nach dem typischen deutschen Gericht hatte ich ja vor ein paar Monaten schon einmal gestellt. So entschied ich mich letztendlich für Kassler, Sauerkraut und Kartoffelknödel. Nun gut, so ein Kassler wächst aber auch nicht an neuseeländischen Kiwifrüchten und erst durch Zufall bekam ich von einem Deutschen, der hier in der Gegend schon seit neun Jahren lebt, die Adresse für eine deutsche Fleischerei, nur dreißig Minuten entfernt. Da wurde neben dem Kassler auch ordentlich Wurst eingekauft, mir wurde da erst einmal richtig bewusst wie sehr ich doch deutsche Wurstwaren vermisse. Das Sauerkraut stand schon vorher eine Weile im Schrank - gekauft in einem holländischen Lebensmittelladen weiter nördlich, viva Oranje. Ab ging die Post. Alles in allem stand ich wohl sieben Stunden in der Küche; zum Mittag gab es schon als Vorgeschmack eine Kartoffelsuppe und als Dessert wurde mir Vanillepudding empfohlen, meinte jedenfalls so ein Hans im Internet. Ich lasse mal die Bilder für sich sprechen:

Typisch deutsch?

Meine Kochfee Rachael.

Die „glücklichen“ Esser.

Es bleibt erst einmal zu vermelden, dass keiner gestorben ist, immerhin. Leider gab es nicht genügend Kassler und dann auch noch ein Kotelett, aber hat eigentlich keinen weiter gestört. So ergab sich nach nicht mal fünfzehn Minuten folgendes Bild:

Alles weg.

Gut ein leerer Teller heißt noch lange nichts, da hier gegessen wird was auf den Tisch kommt, da sollte sich manch anderer ein Beispiel nehmen. Einer der Zwillinge zeigte aber zum Beispiel auf den Kloß und markierte seine Zufriedenheit über diese ungewöhnliche Beilage mit einem nach oben gestreckten Daumen und auch sonst blickten alle zufrieden drein. Sogar der Verfasser fand es zumindest annehmbar, obwohl, die Klöße waren ein Tick zu mehlig.

So kratze ich jetzt auch die letzten Reste von diesem Teller. Wobei, so richtig viel war heute ja wieder nicht drauf. Beim nächsten Eintrag heißt es wahrscheinlich zum ersten Mal schon Abschied nehmen, Abschied von einem ganz innigen Wegbegleiter. Aber da wird jetzt noch keine Tränenflüssigkeit bewegt, sondern fürs nächste Mal aufgehoben.

Ah ich habe noch etwas für euch, neulich erst wieder entdeckt. Es war irgendwann im November letzten Jahres. Ron liest sich die örtliche Zeitung durch und zeigt auf einmal ganz aufgeregt auf einen Zeitungsartikel. Nicht nur das, sein Finger wendet sich vom Artikel ab und zeigt plötzlich auf mich. Gespannt schaue ich mir dir Zeitung an und wäre vor Schock fast umgefallen. Seit Mitte August bin nun schon ein Mitglied des Helensviller Fitnessstudios, eines Tages wurde dort ein Foto geschossen, alle Menschen haben sich ganz gestellt an irgendwelche Geräte gesetzt, ich dachte das machen die nur aus Langeweile. Falsch gedacht. Ich hoffe ihr könnt es halbwegs erkennen, oder besser nicht.

Der Schweiß läuft mir vor lauter Anstrengung nur so in Gesicht.

Aber jetzt ist langsam Schluss hier, oda watt.

An diesem für mich doch etwas besonderen Tag wünsche ich euch alles Glück der Welt!

Ein besonnenes Wochenende!!

Grüßt die Kiwis!!!

Euer Michi

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