Donnerstag, 10. September 2009

Der Berg ruft.



Der Mount Taranaki - laut Mythologie der Maori soll er auf Grund einer Niederlage im „Liebeskampf“ mit Mount Tongarino um Mount Pihanga im Zentrum der Nordinsel beleidigt von dannen gezogen sein, bis ihn das Meer stoppte. Und so steht er da friedlich und einsam ca. 30 km vor der Westküste, ca. 2513 Meter hoch und gilt als einer der gefährlichsten Vulkane Neuseelands, eigentlich ist sein Ausbruchdatum schon längst überschritten. Also genau der richtige Ort um seine vier freien Tage zu genießen. Heute möchte ich euch vornehmlich von meinem verlängerten Wochenende berichten. Dann fangen wir mal an:

Am Donnerstag ging es sehr früh aus den Betten (wann bin ich das letzte Mal um 5.40 Uhr aufgestanden???), hab die Nacht bei Tom verbracht, da die Busanbindung aus meinem kleinen Kaff nach Auckland nicht die beste ist. In der City von Auckland angekommen sind wir in den schon wartenden Bus rein. Der Bustransfer in Neuseeland ist relativ günstig, allerdings braucht man auf Grund einer ziemlich erbärmlichen Infrastruktur recht lange um sein Ziel zu erreichen. Für uns ging es nach New Plymouth, ungefähr 368 km entfernt von Auckland, wir haben aber fast 8 Stunden benötigt. Aber als erfahrener Italien-, London, Winterurlaubbusfahrer war das noch halbwegs zu ertragen. Auf dem Weg nach New Plymouth geschah etwas für mich in letzter Zeit typisches. Um die Zeit etwas rumzukriegen wollte ich etwas Musik hören, allerdings offenbarte mir der Griff in meine Tasche nichts Gutes – mein Ipod war verschwunden. Nach Kamera, Handy und sonstigen Dingen der nächste verlorene Gegenstand? Dem ganzen Wochenende der Verzweiflung nahe, fand Tom ihn Gott sei Dank am Sonntag in seinem Zimmer, Glück gehabt. Am späten Donnerstagnachmittag sind wir dann jedenfalls in New Plymouth angekommen, genauer in Inglewood, wo wir von Johannes und Malte abgeholt wurden. Die beiden wohnen und arbeiten in einem Adventure Park, der dann auch noch mal 12 Minuten entfernt ist, also irgendwo im nirgendwo liegt. Was auch dazu führte, dass sie sich schon am zweiten Tag ein Auto gekauft haben - für umgerechnet 400 Euro, einen halbwegs passablen Mitsubishi Galant.


In ihrem Camp angekommen wurde erst einmal die deutsche Manneskraft benötigt. Da im Camp noch nicht allzu viel los ist, bauen sie dort ein kleines Haus. Unsere Aufgabe bestand es ein paar 3,8 cm dicke Holzwände auf einem Fundament zu befestigen, ein neuseeländischer Hausbau geht so einfach. Das Camp besteht größtenteils aus einem Klettergarten, der sich quasi gleich in deren Garten befindet.

Beide wohnen in diesem Haus in einer Art WG zusammen, wobei sie einen ca. 27 m² Raum haben, der gleichermaßen als Küche, Wohnraum und Schlafzimmer zu bezeichnen ist. Für Verpflegung bekommt jeder 15 Euro - die Woche; ein Hartz-IV- Empfänger in Deutschland erhält für Essen das Doppelte. Abends gab es Reis und süß- saure Sauce, anschließend ging es ins „Nachtleben“ von New Plymouth. New Plymouth hat ungefähr 47.349 Einwohner, also etwas größer als Eberswalde, von einem wirklichen Nachtleben kann man da also nicht sprechen, zumindest an einem Donnerstag. Wir haben uns einen Karton Bier (es gibt hier keine Kästen) geholt, genauer „Tui“- Bier. Das genießt in Neuseeland den Status eines Sternburgs, ist also mit das billigste hier, schmeckt aber dreimal besser. In einem Karton sind 24 Stück drin, wir haben davon dreieinhalb in drei Tagen geleert… Mit diesem geschmackvollen Gebräu ging es erst einmal eine Stunde an den Strand und danach in eine Bar. Jedoch hat meine Kondition nach einem 20 Stunden Tag schnell nachgelassen.

Da des deutschen liebstes Gesprächsthema das Wetter ist, werde ich auch einen Bericht darüber nicht aus dem Weg gehen. Tagsüber war es immer TRAUMhaft, man konnte die Wolken an einer Hand abzählen, allerdings sorgte der Wind für nicht ganz Jackenfreie Tage. Nachts hingegen konnte man feststellen, dass man sich doch immer noch im Winter befindet, Temperaturen um den Gefrierpunkt, das war auch für mich zu kalt.

Am Freitag haben wir dann den Kletterpark erkundet, was auf Grund meiner leichten Höhenangst schon eine Herausforderung war, vor allem das balancieren auf einem Holzbalken in etwa 7,45 Meter Höhe.

Tom et moi.

Anschließend ging es wieder nach New Plymouth, wo wir zuerst durch einen urigen Park gelaufen sind. Danach war es dann endlich so weit – ich besuchte mein erstes Rugby- Spiel. Gespielt hat TenderLink Taranaki gegen North Harbour im Air New Zealand Cup. Kurz zur Erläuterung: Der Air New Zealand Cup ist in etwa mit der Bundesliga zu vergleichen, allerdings spielen nicht Mannschaften aus verschiedenen Städten gegeneinander, sondern aus unterschiedlichen Regionen Neuseelands. Taranaki ist derzeit im nirgendwo der Tabelle wiederzufinden, North Harbour im Tabellenkeller. Wie auch immer, es ging dann am Freitagabend ins eiskalte Yarrow Stadium. Da ich einfach meinen völlig verranzten, ungültigen (hab ihn mit Absicht nicht abgegeben, wer weiß ob man den noch mal gebrauchen kann) Schülerausweis an der Kasse vorgezeigt habe kam ich sogar für nur 5 NZ$ (1 € = 2,0964 NZ$) rein. Das Stadion war gut 1/3 gefüllt, also ca. 8.432 Zuschauer, es hat im Endeffekt nur die Haupt- und Gegentribüne, die Kurven sind für Stehplätze gedacht, allerdings stand da fast niemand.

Dann gings also los. Nach gut 6 Wochen in diesem wunderschönen Lande muss ich jedoch gestehen, dass mir die Regeln dieses Sports noch sehr fern sind, genaue Erläuterungen vielleicht ein andermal. Das führte auch dazu, dass bei uns recht schnell Langeweile aufkam, wie, wir hatten zumindest das Gefühl, auch bei den anderen Zuschauern. Wirklich Stimmung kam erst am Ende auf – beim Abpfiff, weil Taranaki mit 17 zu 13 gewonnen hatte. Ab und zu wurde auch gejubelt, wenn ein sogenannter „Try“ gelungen war, vergleichbar mit einem Touchdown beim Football. Ansonsten musste der Stadionsprecher die Zuschauer mit „Let’s make some noise Taranaki“ motivieren, was ihm eher mäßig gelang. Hier mal eine typische Rugbyszene, ein Gedränge.

Ein erwähnenswertes Ereignis gab es während des Spiels dann noch, bzw. in der Halbzeitpause. Da zu einem guten Fußballspiel in Deutschland auch eine gute Bratwurst gehört, bin ich mit einer gewissen Anspannung zum Imbissstand. Was ich da allerdings zu Gesicht bekam, hätte ich mir nicht in meinen kühnsten Träumen ausmalen können. Ich bestellte eine „grilled sausage“, der Verkäufer schmiss mir dann recht gefühlskalt eine nahezu verschlossene Papiertüte hin, ich war schon kurz davor zu protestieren, dass ich ja eine Bratwurst haben wollte, bis ich feststellen musste, dass sie das war. In der Tüte befand sich ein kleiner Holzstiel an dem die überbackene „Wurst“ befestigt war. Keine Chance den nicht vorhandenen Senf oder auch nur Ketchup unterzubringen. Das ganze hatte etwas von einem Eis. Insgesamt kommt sie zwar nicht an eine deutsche Wurst ran, aber sie war zumindest genießbar.

Nachdem wir alle so ziemlich durchgefroren waren, wurden erst einmal ein paar Tui im warmen Auto getrunken, anschließend sind wir dann in ein, zwei „Clubs“. Da gab es dann auch ein Vorkommnis, welches ich wohl bis zu meinem Ableben nicht mehr vergessen werde. Im Großen und Ganzen wird hier dieselbe Musik in den Clubs gespielt, wie auch in Italien, Deutschland oder sonst wo, hauptsächlich ein Mix aus Techno und Pop, oder so. Am Freitagabend standen wir vier Deutschen dann in einer Disco in New Plymouth, 23.500 Kilometer entfernt vom heimatlichen Deutschland und eine bekannte Stimme erklang plötzlich aus den Boxen des „Crowded House“; es war „Hey Baby“ von ja von DJ Ötzi, wir vier hätten am liebsten eine Schaufel genommen und uns vergraben, nicht so die Kiwis. Zu keinem anderen Hit sind sie an diesem Abend so abgegangen wie zu diesem, verrücktes Volk.

Am nächsten Morgen mussten wir etwas früher aufstehen, eine weitere Premiere stand an – mein erstes neuseeländisches Fußballspiel, wobei ich natürlich nur als Zuschauer fungierte. Johannes ist einem Fußballverein letzte Woche mehr oder weniger beigetreten, nach seinem ersten Training sollte er auch gleich am Samstag mitspielen, war zwar etwas illegal, aber wen kümmert das schon. Es war das letzte Spiel der Saison für sein Team, wer gewinnt spielt nächstes Jahr eine Liga höher. Man ließ uns wissen, dass es ungefähr mit der deutschen Landesklasse zu vergleichen wäre, also vom tabellarischen her. Von der Qualität hätte allerdings auch Grün- Weiß Golzow II und SV Tornow III auf dem Platz stehen können, es war recht grausam, großartige Details erspar ich euch. Nur so viel; nachdem Johannes Mitte der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde viel 9 Sekunden später das 1:1 gegen sein Team, am Ende stand es 2:2. Auch die Verlängerung brachte keine Entscheidung, also Elfmeterschießen. Beim Stande von 7:7 durfte dann auch Johannes ran, der Schütze vor ihm verschoss und wie es sich für einen deutschen Fußballspieler gehört verwandelte Johannes den entscheidenden Elfmeter, da war er natürlich der Held. Nach dem Fußball sind wir zu dem schon benannten Mount Taranaki gefahren und sind ein wenig rumgewandert, da wurden wieder Erinnerungen an die letzten beiden Sommer wach; das Wandern ist des Müllerslust!


Den Abend haben wir dann zur Abwechslung mal zu Hause verbracht, bei Pasta, einem Film und natürlich ein paar Tui, dass war auch mal recht entspannend. Sonntags mussten Tom und ich dann auch schon wieder die Rückreise antreten, vormittags noch Bilder getauscht, haben uns Johannes und Malte um eins zum Bus gefahren. Insgesamt war das mit Abstand das beste Wochenende am anderen Ende der Welt. Aber es hat mir auch gezeigt, dass ich mit meinem Projekt sehr zufrieden sein kann. Vielleicht mag deren Arbeit etwas spannender sein, aber die Verpflegungs- und Wohnsituation ist nicht unbedingt optimal, außerdem sind die beiden die ganze Zeit zusammen, weiß nicht ob das so gut für das Englisch ist. Wie auch immer, ich war glücklich wieder zu Hause zu sein.

Da hat mich dann auch ziemlich schnell die Realität wieder eingeholt. Am Dienstag hat sich Rachel, eine der Behinderten, mit unserer „housleaderin“, ich find immer noch kein deutsches Wort dafür, gezofft. Was dazu führte, dass Rachel ihre Sachen gepackt hat und samt ihrem Kuscheltier, einem großen Bären, von dannen gezogen ist. Anfangs meinte Cathy, dass Rachel gleich wiederkommen wird, als sie allerdings nach einer Stunde immer noch nicht da war, meinte sie ich soll mal mit Shane(einem Behinderten, der einmal die Woche da ist) durch Helensville fahren und nach ihr suchen. Wir haben dann bestimmt eineinhalb Stunden fast alle möglichen Anlaufpunkte abgefahren, aber von Rachel keine Spur. Als letzte Möglichkeit bot sich dann noch eine Farm, die auch zu Mount Tabor gehört. Dort haben wir sie auch gefunden, in einem Wohnwagen liegend und voller Dreck beschmiert.

Gerade genieße ich die letzten Stunden meiner zwei freien Tage. Viel gemacht habe ich nicht. Die Hälfte des Tages ging allein schon drauf weil ich erst um 12 Uhr gefrühstückt hab, als die anderen ihr Mittag hatten. Gestern jedoch war dann wohl für mich der bisher wichtigste Tag in diesem Jahr, meine Wahlunterlagen sind endlich angekommen.


Wen wähle ich denn nur? Gut, die Setzung der Kreuze war nicht allzu schwer, die richtige Verfahrensweise schon, vor allem wenn es an roten, gelben und grauen Umschlägen und Papier nur so wimmelt. Aber ich denke ich habe es dann doch hinbekommen, hoffentlich kommen sie auch noch rechtzeitig an.

Oh Gott, schon wieder so viel. Zum Abschluss nur noch dies: Heute wurde das Büro des Premierministers angezündet, ca. 30 Kilometer von hier und Samoa hat am Dienstag von Rechts- auf Linksverkehr gewechselt. In diesem Sinne.


Bis zum nächsten Mal, vielleicht dann schon in etwas anderer Form!

Euch einen guten Start in den Herbst :)!!

Grüßt die Kiwis!!!

Euer Michi

1 Kommentar:

  1. wow, ich bin beeindruckt, wie detailliert deine ausführungen sind. du scheinst da drüben wirklich eine menge zu erleben. ein bisschen neidisch bin ich fast :) deine behinderten sind ganz schön niedlich, am meisten mag ich das foto mit den happy-birthday-kerzen! und das, wo du vor dem berg stehst, das ist auch toll.
    jetzt hab ich ja eine gute seite gefunden, die werd ich in zukunft verfolgen!
    liebe grüße aus dem noch ziemlich warmen deutschland von anja

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